Berlin. Exotische Superfoods gelten als besonders gesund. Dr. Riedl verrät, ob das wirklich stimmt und welche heimischen Alternativen es gibt.

Ob Acai-Beeren, Quinoa oder Chia-Samen – Sogenannte „Superfoods“ sind aus vielen Rezepten nicht mehr wegzudenken. Sie gelten als wahre Nährstoffbomben und versprechen zahlreiche gesundheitliche Vorteile. Doch wie gesund sind die exotischen Lebensmittel wirklich? Und müssen es immer die teuren, importierten Produkte sein? Dr. Matthias Riedel verrät im Interview, ob Superfoods tatsächlich halten, was sie versprechen, und welche regionalen Produkte gute Alternativen sein können.

Wie gesund sind Superfoods wirklich? Gibt es wissenschaftliche Belege oder ist das nur Marketing?

Dr. Matthias Riedl: Superfoods können durch ihren hohen Nährstoffgehalt zu einer gesunden Ernährung beitragen. Allerdings verspricht das Marketing oft mehr, als die Wissenschaft halten kann. Der Begriff „Superfood“ ist rechtlich nicht festgelegt und wird daher gerne für Marketingzwecke benutzt. Dabei lässt sich vieles, was Superfoods an gesundheitlichen Vorteilen bieten sollen, auch durch eine allgemein gesunde Ernährung erreichen.

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Gibt es regionale Alternativen zu exotischen Superfoods wie Chia-Samen, Goji-Beeren oder Quinoa?

Riedl: Es gibt viele heimische Lebensmittel, die ähnliche Nährstoffe bieten. Leinsamen sind zum Beispiel eine gute Alternative zu Chia-Samen, da sie ebenfalls reich an Omega-3-Fettsäuren und Ballaststoffen sind. Für Goji-Beeren bieten sich Heidelbeeren oder schwarze Johannisbeeren an – die stecken auch voller Antioxidantien. Und anstelle von Quinoa ist Hafer eine tolle regionale Wahl, mit vielen Ballaststoffen und Mineralien.

Welche heimischen Superfoods empfehlen Sie für den Herbst und Winter?

Riedl: Für die kalte Jahreszeit eignen sich besonders Grünkohl, Rote Bete und Äpfel. Grünkohl enthält viel Vitamin C, Vitamin K und Antioxidantien, die das Immunsystem stärken. Rote Bete punktet mit Folsäure, Eisen und Betain – das tut besonders in kalten Monaten gut. Und Äpfel bringen wertvolle Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe mit, die das Herz-Kreislauf-System unterstützen.

Dr. Riedl: Importierte Superfoods sind oft stärker mit Schadstoffen belastet

Wie beeinflusst der Transport den Nährstoffgehalt von exotischen Superfoods?

Riedl: Lange Transportwege können dem Nährstoffgehalt von importierten Superfoods schaden, vor allem wenn die Lebensmittel während des Transports oder beim Lagern nicht optimal behandelt werden. Vitamin C zum Beispiel ist ziemlich empfindlich gegenüber Licht, Hitze und Sauerstoff. Heimische Produkte kommen oft frischer auf den Markt und werden reifer geerntet, was ihnen in Sachen Nährstoffgehalt einen Vorteil verschafft.

Dr. Matthias Riedl
Ernährungsexperte Dr. Matthias Riedl ist Internist, Diabetologe und ärztlicher Leiter des Medicum Hamburg.  © Andreas Sibler für Edel Verlagsgruppe | Andreas Sibler

Wie sieht es bei der Klimabilanz von importierten Superfoods aus?

Riedl: In Sachen Klimabilanz schneiden importierte Superfoods meist schlechter ab, weil ihr Transport über weite Strecken viel CO2 verursacht. Zudem werden exotische Superfoods oft in Monokulturen angebaut, was den Boden belasten und die Biodiversität schädigen kann. Regionale Alternativen haben kürzere Transportwege und unterstützen die lokale Landwirtschaft, was sich positiv auf die Umwelt auswirken kann.

Wie hoch ist die Belastung durch Schadstoffe bei importierten Superfoods?

Riedl: Tendenziell können exotische Superfoods durch weniger strenge Kontrollen in den Herkunftsländern und lange Transportwege stärker mit Pestiziden oder anderen Schadstoffen belastet sein. Heimische Produkte unterliegen oft strengeren EU-Vorschriften. Trotzdem ist es auch bei heimischen Lebensmitteln sinnvoll, zu Bio-Produkten zu greifen, um die Belastung durch Pestizide zu minimieren.

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Verdrängt der Trend zu exotischen Lebensmitteln die Vielfalt unserer regionalen Produkte?

Riedl: Der Trend zu exotischen Lebensmitteln kann tatsächlich dazu führen, dass regionale und saisonale Alternativen übersehen werden. Viele lassen sich vom Hype um Superfoods mitreißen, ohne die nährstoffreichen heimischen Alternativen zu kennen. Das kann langfristig auch den regionalen Anbau beeinträchtigen.

Unser Experte

Dr. Matthias Riedl ist Ernährungsmediziner, Diabetologe und ärztlicher Direktor des Medicum Hamburg. Seit 2015 ist er Teil der von ihm konzipierten NDR-Sendung „Die Ernährungs-Docs“, in der Dr. Riedl zusammen mit anderen Medizinern Ernährungsstrategien für konkrete Patientenfälle entwickelt. Zu der Sendung wurden mehrere Begleitbücher veröffentlicht. Zudem betreibt Dr. Riedl seit 2022 in Zusammenarbeit mit der Funke Mediengruppe den Podcast „So geht gesunde Ernährung“.

Gibt es bestimmte heimische Lebensmittel, die speziell für Kinder oder ältere Menschen vorteilhaft sind?

Riedl: Für Kinder sind Lebensmittel wie Haferflocken, Äpfel und Karotten besonders gut. Sie sind reich an Ballaststoffen, Vitaminen und Mineralstoffen, die das Wachstum und die Entwicklung unterstützen können. Ältere Menschen profitieren von Lebensmitteln wie Walnüssen, Spinat und Beeren. Sie enthalten Nährstoffe, die das Gehirn und das Herz-Kreislauf-System unterstützen und entzündungshemmend wirken.

Wird der Fokus zukünftig stärker auf regionalen Produkten liegen?

Riedl: Gut möglich, dass der Fokus zukünftig stärker auf regionale Superfoods rückt. Das Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Umweltschutz wächst, und viele Verbraucher schätzen Produkte mit einer besseren Umweltbilanz und kürzeren Transportwegen. Auch der Trend zu einem gesünderen Lebensstil könnte dazu führen, dass regionale und saisonale Lebensmittel mehr in den Vordergrund rücken.

Was ist Ihr Fazit? Viel Lärm um Nichts?

Riedl: Der Superfood-Hype wird vom Handel benutzt, um exotische Produkte günstig einzukaufen und teuer zu vermarkten. Für den Verbraucher bedeutet das oft höhere Kosten und teils zweifelhafte oder nicht gut kontrollierte Ware. Heimische Superfoods sind die günstigere, ökologischere und manchmal auch gesündere Wahl.

Weitere Informationen zum Superfood Hafer finden sich im Buch „Der Hafer-Masterplan“ von Dr. Matthias Riedl, erschienen im ZS Verlag.

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