Berlin. Weihnachten in Patchwork-Familien ist oft eine Herausforderung. Diese Tricks helfen, um das Fest der Liebe harmonisch zu gestalten.
- Auch, wenn man sich eigentlich ein harmonisches Fest wünscht: Zu Weihnachten gibt es in vielen Familien Streit
- Eine besondere Herausforderung sind mitunter Patchwork-Familien
- Mit diesen Tipps und Tricks bleibt es unterm Weihnachtsbaum Friedlich
Alle Jahre wieder – Weihnachten gilt traditionell als das Fest der Liebe und der Familie. Doch es existiert auch diese Realität: Scheidungskinder, die nicht mit beiden Elternteilen feiern können, oder getrennt lebende Ehepartner, die sich fragen, ob sie Weihnachten zusammen verbringen müssen. Patchwork-Familien kennen das. Sie sind meist schon einen Schritt weiter und das Ergebnis von zwei oder mehr gescheiterten Beziehungen und Ehen. Für sie ist Weihnachten jedes Jahr ein Fest, das viel Aufwand und Vorbereitung erfordert. Dass es auch einfacher geht, zeigen die Familientherapeuten und Autoren Claudia Starke und Thomas Hess. Sie geben Tipps, wie ein besinnliches Fest in Patchwork-Familien gelingen kann.
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Der Wandel der Familie: Patchwork als neues Ideal in Deutschland
Die Zahl der klassischen Familien nimmt in Deutschland Jahr für Jahr ab und damit auch das viel beschworene Ideal der klassischen Rollenverteilung, der Ehe. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden im Jahr 2022 in Deutschland rund 137.400 Ehen geschieden. Etwa die Hälfte davon hatte minderjährige Kinder. Finden die getrennten Mütter und Väter einen neuen Partner oder eine neue Partnerin, entsteht eine Patchwork-Familie.
Das Therapeuten-Ehepaar Claudia Starke und Thomas Hess berät seit Jahren Scheidungsfamilien und bildet selbst privat eine Patchwork-Familie. Die erfahrenen Familientherapeuten erklären, dass der Begriff Patchwork-Familie vereinfacht gesagt verschiedene Familienformen beschreibt, die auf eine Kernfamilie folgen. Der soziologische Begriff lautet also „Folgefamilie“, und weil die Herkunft der einzelnen Familienteile so unterschiedlich ist wie ein Flickenteppich, entstand auch der englische Begriff „Patchwork“.
In der Soziologie werden laut den Experten verschiedene Formen der Patchwork-Familie unterschieden:
- Die einfache Stieffamilie: bestehend aus einem Vater, seinem Kind oder seinen Kindern und einer neuen Stiefmutter oder einer Mutter, ihrem Kind oder ihren Kindern und einem neuen Stiefvater.
- Die zusammengesetzte Stieffamilie: zusammengesetzt aus einer Mutter und ihren Kindern sowie einem Vater und seinen Kindern, so dass beide Elternteile auch Stiefmutter bzw. Stiefvater sind.
- Die komplexe Stieffamilie: zusammengesetzte Stieffamilie mit mindestens einem gemeinsamen Kind.
Weihnachten als Patchwork-Familie: Diese Herausforderungen gilt es zu meistern
1. Emotionale Wunden können aufgerissen werden
Weihnachten ist für Kinder und Erwachsene in Patchwork-Familien eine große Herausforderung. Denn in dieser Zeit werden oft alte Erinnerungen wach, die für alle Beteiligten sehr emotional sein können. „Alle erinnern sich an die Zeit, als alles so einfach und schön war – Mutter, Vater, Kinder, alle haben Sehnsucht danach“, sagt Claudia Starke. Und doch müssen alle oft schmerzlich erkennen, dass das Weihnachtsfest, wie sie es aus der Vergangenheit kennen, vorbei ist. Vor allem Kindern falle es in dieser Zeit schwer, sich mit der veränderten Realität vertraut zu machen: „Bei vielen Kindern kommen an Weihnachten die schwierigen Trennungsgefühle wieder hoch“, erklärt die Familientherapeutin.
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Auch Jugendliche können mit der neuen Familienkonstellation schnell überfordert sein. „Sie wollen, dass ihre eigenen Bedürfnisse anerkannt werden, aber auch, dass es allen gut geht“, sagt Starke. Und die Erwachsenen stehen zwischen dem Wunsch, mit dem neuen Partner oder der neuen Partnerin zu feiern, und den Wünschen ihrer Kinder.
2. Die ewige Frage: Wer feiert mit wem?
Logistik ist ein gutes Stichwort. Denn sie wird bei Patchwork-Familien besonders komplex, wenn alle Bedürfnisse berücksichtigt werden müssen: Die Kinder, die Kontakt zu ihren leiblichen Eltern haben wollen, die Erwachsenen, die jeweils mit ihren eigenen Kindern feiern wollen. Dazu kommen die jeweiligen Großeltern und Verwandten, die alle in das weihnachtliche Bescherungs- und Besuchssystem von Patchwork-Familien eingebunden werden müssen. „In Patchwork-Familien verdoppelt sich durch Trennungen und Wiederverheiratungen die Verwandtschaft und damit fast alles, was Weihnachten an Planung mit sich bringt“, so Thomas Hess. Aus der einfachen Frage „Wer feiert bei wem“ wird dann „Wer feiert mit wem und welchen Kindern in wessen Wohnung mit welcher Oma und welchem Opa?
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3. Viele Traditionen müssen in Einklang gebracht werden
An Weihnachten prallen auch in klassischen Familien Traditionen aufeinander. Bei Patchwork-Familien kommt hinzu, dass an Weihnachten ganz neue Beziehungssysteme mit unterschiedlichen individuellen Vorlieben für Festrituale zusammenkommen, um „das“ Fest der Familie auf neue Weise zu feiern. Beide Elternteile bringen Erfahrungen, Überzeugungen, Werte, Gewohnheiten und Vorstellungen aus ihrem Leben vor der Gründung der Patchworkfamilie mit. Auch die „Vorstellung“, wie man einen anderen Menschen liebt und ihn so behandelt, dass er sich geliebt fühlt, befindet sich in diesem emotional gefüllten Rucksack.
Weihnachten im Patchwork: Planung als Schlüssel zu harmonischen Feiertagen
1. Weihnachten gut planen
Planung ist daher das A und O für Patchwork-Familien: „Wer als Stiefelternpaar und als Elternpaar geschickt lobbyiert, kann leichter entscheiden, ob man in einer Patchwork-Konstellation gemeinsam oder lieber getrennt feiern möchte“, erklärt der Familientherapeut Thomas Hess. Auch die Kinder sollten einbezogen werden, damit ihre Bedürfnisse Gehör finden. Gerade gleichaltrige Stiefgeschwister stehen in Konkurrenz zueinander. Deshalb sollten sich Eltern auch und gerade an Weihnachten Zeit nehmen, um etwas mit den eigenen Kindern zu unternehmen. Das bedeute aber nicht, ihnen die Verantwortung zu übertragen: „Man kann nicht alle Wünsche erfüllen, aber zumindest einen Ausgleich für das schaffen, was zu kurz kommt“, so Hess.
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2. Das Weihnachtsfest verlängern
Weihnachten ist ein Fest für die Kinder und dementsprechend sollten sie auch im Mittelpunkt stehen, erklärt Claudia Starke: „Eltern sollten schauen, was für ihre Kinder in ihrem Alter wichtig und machbar ist“, sagt sie. Alles zusammen oder alles unter einen Hut zu bringen, geht nach Ansicht der Expertin nicht: Das fängt schon beim Essen an – gibt es dieses Jahr eine Weihnachtsgans oder vegane Würstchen? Weil sich die moderne Familie und ihre jeweiligen Wünsche ausdehnen, kann sich auch das Weihnachtsfest ausdehnen, rät die Expertin: Entweder feiern beide Familien nacheinander zu unterschiedlichen Zeiten oder abwechselnd von Jahr zu Jahr. So könnte Weihnachten in einem Jahr nach dem Geschmack der Familie, der Mutter oder Stiefmutter gefeiert werden, im anderen Jahr nach dem Gusto des Vaters oder Stiefvaters.
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3. Die eigene innere Einstellung überdenken
Kinder spüren, welche Emotionen und Gedanken Erwachsene anderen Menschen entgegenbringen. Deshalb profitieren Kinder davon, wenn die Eltern ihnen das Gefühl geben, dass sie sich bei beiden Elternteilen wohlfühlen dürfen – dass sie sich freuen können, dass es in einer Patchwork-Familie zwei oder mehr Bescherungen gibt.
Hilfreich sei es, so die Familientherapeutin Claudia Starke, „den Kindern zuzuhören und, sofern man spürt, dass ein Kind traurig ist, nachzufragen, ob es Sehnsucht nach dem abwesenden Elternteil hat oder was es gerade vermisst“. Als Elternteil müsse man dann die Gefühle aushalten, notfalls über den eigenen Schatten springen und Konflikte auch einmal beiseite schieben. Ziel sollte es sein, „dass Kinder möglichst mit beiden leiblichen Eltern feiern können“. Dann ist die Patchworkfamilie auch ein Geschenk.