Hamburg. Apotheker-Chef Kai-Peter Siemsen warnt Patienten und Ärzte vor Fehlern bei der Verschreibung und schweren Nebenwirkungen.
Hamburgs Apotheker warnen eindringlich vor den Gefahren für Patienten, die mehrere Medikamente gleichzeitig einnehmen. Zehn bis 15 Prozent aller Krankenhausaufenthalte resultierten aus einer falschen Medikamenteneinnahme, sagte der Präsident der Apothekerkammer, Kai-Peter Siemsen, im Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt.
Etwa ein Drittel gehe auf fehlerhafte Verschreibungen zurück, wenn sich beispielsweise Ärzte nicht an die Priscus-Liste halten, in der Medikamente aufgeführt sind, die für Ältere nicht gut geeignet seien. „Ein weiteres Drittel liegt daran, dass die Patienten sich nicht an die Verordnung halten und zu viel oder zu wenig einnehmen.“ Ein Drittel dieser Klinikbehandlungen nach fehlerhafter Medikamentengabe resultiere daher, dass Wirkungen und Nebenwirkungen nicht durch ein Blutbild oder ein EKG überwacht würden.
Bis zu 72.000 Patienten in Hamburger Krankenhäusern wegen falscher Medikamente
Rechnet man das auf die Zahl aller Fälle in Hamburger Kliniken (jährlich 489.000) hoch, könnten bei korrekter Pillenabgabe und -einnahme zwischen 48.000 und 72.000 Patienten jedes Jahr einen Krankenhausaufenthalt vermeiden. Das würde menschliches Leid und immense Kosten verhindern.
Die häufigsten Wechselwirkungen gebe es, wenn ein Patient eine Dauerverordnung von zwei oder drei Medikamenten habe und zusätzlich ein Akutmedikament wie ein Antibiotikum erhält. „Da kommt es häufig zu schweren Neben- und Wechselwirkungen“, so Siemsen.
Warnung bei Viagra und der Pille
Insbesondere warnen Apotheker Männer mit Herz-Kreislauf-Problemen vor der Einnahme von Viagra. Frauen, die die Pille nähmen, müssten vorsichtig sein bei Johanniskraut – es hemme die Wirkung des Verhütungsmittels. Außerdem fordern die Apotheker feste Honorare von den Krankenkassen für Medikationspläne, die sie mit ihren Kunden individuell erstellen und die Nebenwirkungen vermeiden helfen. Bislang müssen die Patienten dafür zwischen 60 und 70 Euro selbst zahlen.
Lieferengpässe bei Arzneimitteln
Die Apotheker beklagen zudem Engpässe bei Kinderimpfstoffen für die Dreifachimpfung gegen Diphtherie, Typhus und Tetanus. Knapp seien auch spezielle Antibiotika und Krebsmittel. Das liege auch daran, dass der Gesetzgeber und die Krankenkassen wirtschaftlichen Druck auf die Hersteller ausübten. „Diese reagieren damit, dass sie ihre Rohstoffe in Asien herstellen lassen. Wenn dann eine Charge mit großen Mengen von Wirkstoffen ausfällt, gibt es hier einen Lieferengpass.“