Nach jüngsten Umfragen findet nicht einmal mehr ein Drittel der Franzosen den derzeitigen Staatschef “vertrauenerweckend“.

Paris. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy liebt den großen Auftritt. Moskau, Tiflis, New York, Paris - überall ist der Mann im Interesse des Weltfriedens unterwegs. Nur zu Hause an der Seine, da sind die Zeiten unruhig. Beim jüngsten Treffen von Sarkozy mit dem Küchenkabinett, seinen engsten Vertrauten unter den Ministern, muss es heftig zugegangen sein. Seine Innenministerin soll er hinter ihrem Rücken als "Vollidiotin" bezeichnet haben. Es sei eine "Woche der Katastrophen" gewesen, die in einem "Massaker der Minister" geendet habe, urteilte die Zeitung "Le Parisien". Zwei groß angekündigte Projekte zur Datenspeicherung und einer Umweltabgabe hatten nach einem öffentlichen Aufschrei eingestampft werden müssen. Nach jüngsten Umfragen findet nicht einmal mehr ein Drittel der Franzosen ihren Präsidenten "vertrauenerweckend".

Innenministerin Michèle Alliot-Marie hatte Sarkozy damit verärgert, dass sie eine sogenannte Big-Brother-Kartei durchsetzen wollte. Erst nach heftigen Protesten von Datenschützern verabschiedete die Regierung sich von der Idee, auch sexuelle Vorlieben und Krankheiten der Erfassten zu registrieren.

Besonders peinlich war anschließend die Debatte um die geplante "Picknick-Steuer", eine Öko-Abgabe auf besonders umweltschädliche Produkte. Während Umweltminister Jean-Louis Borloo die Idee noch verteidigte, widersprach ihm bereits Premierminister François Fillon öffentlich. Schließlich zitierte Sarkozy alle Betroffenen zu sich und mahnte zu einer besseren Abstimmung bei der Kommunikation nicht beschlossener Projekte.

Die Einführung einer neuen Steuer könnte die französische Regierung sich derzeit politisch kaum leisten. Schließlich hat ihr die Opposition gerade erst vorgerechnet, dass Sarkozy seit seinem Amtsantritt im Schnitt pro Monat eine neue Abgabe eingeführt hat.

Nachdem Sarkozy seine Minister unter großer Anteilnahme der Medien zurückgepfiffen hat, flog er mit seiner Frau Carla für ein privates Wochenende nach New York. Jetzt stehen dort die Uno- Vollversammlung, ein Mittagessen mit Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon und zwei Auszeichnungen an: Die Elie-Wiesel-Stiftung will Sarkozy den Humanitarian Award verleihen, eine andere Organisation den World Statesman Award, den zuletzt Bundeskanzlerin Angela Merkel erhalten hat.

Drei Monate bleiben Sarkozy noch als EU-Ratspräsident, um seine "franko-europäischen Ideen" durchzusetzen. Aber auch auf EU-Ebene häufen sich die Pannen: Mit der russischen Führung vereinbarte Sarkozy vor Kurzem eine internationale Kaukasus-Konferenz für den 15. Oktober. An diesem Tag muss Sarkozy aber den Herbstgipfel der EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel leiten. Nun wird ein neuer Termin für den Kaukasus-Gipfel gesucht.

Oder das EU-Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Viktor Juschtschenko: Diese Begegnung verlegte Sarkozy kurzfristig von Evian am Genfer See nach Paris. Zu dumm nur, dass niemand die Presse darüber informierte. Viele Journalisten reisten vergeblich nach Evian.

Und es trifft auch die Politiker anderer EU-Staaten. Beim Treffen der Justiz- und Innenminister im Juli in Cannes wurde kein Hotelzimmer für den slowenischen Kollegen reserviert. Der fand das nicht komisch, bekam dann aber doch noch ein Bett für die Nacht.