Stockholm. Sechs Millionen Protestmails an den Stockholmer Reichstag, Abzugsdrohungen von Google aus Schweden und am Horizont außenpolitischer Ärger mit Moskau: Drei Wochen nach Verabschiedung des neuen Lauschgesetzes nimmt die Protestwelle gegen Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt immer mehr zu. "Nicht nur die Integrität von Schwedens Bürgern steht auf dem Spiel. Genau so beunruhigend sind die kommerziellen Konsequenzen ..., wenn Schwedens guter Ruf als führendes Land in Sachen Datentechnologie aufs Spiel gesetzt wird", schrieben die Chefs der acht führenden Telekommunikations-Konzerne in einem offenen Brief.
"Lex Orwell" wird das Gesetz bissig von Kritikern genannt, mit dessen Inkrafttreten die staatliche Abhörbehörde FRA vom nächsten Jahr an den kompletten Datenverkehr von und nach Schweden überwachen kann - alle Telefonate, alle Mails und generell den kompletten Internetverkehr auch über ausländische Server. Seit Jahrzehnten hat Stockholm keine so massive Protestwelle gegen eine gesetzliche Initiative erlebt wie rund um die Verabschiedung des "Signalfahndungs-Gesetzes". Die Zeitung "Svenska Dagbladet" berichtete, dass der eigentliche Hintergrund für das Gesetz nicht Terrorfahndung, sondern umfassende kommerzielle Spionageaktivitäten beim Datenverkehr von und nach Russland seien. Die dabei gewonnenen Daten sollten an Partnerländer verkauft werden.