München/Berlin. Der CSU-Chef kann sich eine neue Koalition aus Union und SPD vorstellen - wenn auch ohne Kanzler Scholz. Das träfe Grüne und FDP. Deren Reaktion lässt nicht auf sich warten.
Mit einem Plädoyer für eine neue große Koalition aus Union und SPD nach der Bundestagswahl 2025 hat der CSU-Vorsitzende Markus Söder scharfe Kritik aus den Ampel-Parteien geerntet.
„Wenn man sich die zentralen Felder der Politik anschaut von der Wirtschafts- über die Außen- bis zur Migrationspolitik, dann weiß man: Mit den Grünen ist kein Staat zu machen und mit Olaf Scholz auch nicht mehr“, sagte der bayerische Ministerpräsident der „Welt am Sonntag“. Bleibe es bei den aktuellen Umfragen, werde Scholz die Wahl verlieren. „Dann wird es eine SPD ohne Scholz geben.“
Für Söder könnte der amtierende Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) dann der neue starke Mann der Sozialdemokraten werden. Mit ihm „als Juniorpartner lässt sich mehr vorstellen“, betonte Söder. „Schwarz-Grün wollen wir jedenfalls nicht.“
Habeck: Groko ist Ursache der Probleme
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck wies den Vorstoß umgehend zurück. „Natürlich, es gibt jede Menge Probleme, aber die Groko ist nicht die Antwort auf die Probleme, sie ist die Ursache der Probleme, die Deutschland hat“, sagte der Grünen-Politiker am Samstag in Berlin. Genauso äußerte sich die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang auf der Plattform X (früher Twitter) und ergänzte: „Doch das ist Söder egal, denn ihm geht es nur um eins: sein Ego.“
Kritik kam auch vom FDP-Vorsitzenden Christian Lindner: „Wenn Markus Söder heute sagt, die Zukunftsperspektive für Deutschland ist eine neue große Koalition, dann erinnere ich an die Ergebnisse der letzten großen Koalition“, sagte der Bundesfinanzminister beim Parteitag der Liberalen in Berlin.
Unterstützung erhielt der bayerische Ministerpräsident dagegen von seinem hessischen CDU-Kollegen Boris Rhein. „Wenn wir mit dieser Stärke im Bund eine schwarz-rote Koalition bilden können wie wir in Hessen, dann wäre endlich dieses Ampel-Chaos vorbei“, sagte Rhein der Zeitung „Welt“. Ein christlich-soziales Bündnis von CDU/CSU und SPD wäre ein echtes Aufbruchssignal, so der Ministerpräsident.
Bündnis Union mit SPD rechnerisch möglich
Nach den Umfragen wäre eine CDU/CSU/SPD-Koalition derzeit möglich. Im Sonntagstrend des Meinungsforschungsinstituts Insa für die „Bild am Sonntag“ kommen Union (29 Prozent) und SPD (16 Prozent) zusammen auf 45 Prozent. Die AfD erreicht 18, die Grünen kommen auf 13, das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) liegt bei 7, die Linke bei 4 Prozent. Selbst wenn die FDP mit 5 Prozent in den Bundestag käme, hätte Schwarz-Rot eine knappe Mehrheit.
Habeck sagte: „Alle Probleme, die wir im Moment haben, sind Probleme, die die große Koalition uns hinterlassen hat, alle Probleme.“ So seien 2022 die Gasspeicher leer gewesen, man habe Kremlchef Wladimir Putin falsch eingeschätzt, die Energiewende sei nicht vorankommen, gegen den Arbeitskräftemangel habe die große Koalition nichts getan, eine vernünftige Zuwanderungspolitik habe es nicht gegeben.
„Und innerhalb der Groko war der größte Problembär die CSU.“ Dass ausgerechnet sie, die die Ausländermaut, den teuerst möglichen Netzausbau und das Verhindern jeder konstruktiven Politik zu verantworten habe, „sich erdreistet zu sagen, wie dieses Land regiert werden soll, ist nur noch mit Humor zu ertragen“, sagte Habeck.
Söders kategorische Absage an die Grünen ist in der Union auch kein Konsens. In der CDU-Spitze sieht man diese Position kritisch, da so die Verhandlungsspielräume der Union eingeschränkt würden.