Berlin/Magdeburg. Das Treffen radikaler Rechter, an dem auch AfD-Mitglieder teilnahmen, sorgt weiter für Aufregung. Die AfD-Fraktion will einen bekannten Teilnehmer nicht kennen. Derweil geht die Verbotsdebatte weiter.
Die Berichte über ein Treffen rechter Politiker und Aktivisten in Potsdam haben nicht nur in der Öffentlichkeit für Aufregung gesorgt, sondern auch innerhalb der AfD.
Bei dem Treffen im November war darüber gesprochen worden, welche Menschen - auch über den Kreis der vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer hinaus - Deutschland verlassen sollten und wie dies befördert werden könnte. Zu den Teilnehmern zählte neben Mitgliedern der AfD und anderen auch der langjährige Kopf der rechtsextremistischen Identitären Bewegung aus Österreich, Martin Sellner.
Er gehe davon aus, „dass wir uns in irgendeiner Form darüber unterhalten“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Bundestagsfraktion, Bernd Baumann, am Dienstag vor der Sitzung seiner Fraktion in Berlin.
Die öffentliche Reaktion auf dieses Treffen sei übertrieben gewesen. „Das war kein Geheimtreffen“, sagte Baumann, sondern eine „private Verabredung“. Er fragte: „Wer ist Herr Sellner?“ Nach dem Bekanntwerden des Treffens hatten in den vergangenen Tagen in mehreren deutschen Städten Tausende gegen die AfD demonstriert.
Vertragsauflösung bei Weidel-Berater
An der Zusammenkunft in Potsdam hatte auch Roland Hartwig teilgenommen, ein Berater von AfD-Chefin Alice Weidel. Sein Vertrag mit der Bundespartei wurde inzwischen aufgelöst - „im Zusammenhang mit dem Treffen in Potsdam“, wie Weidel nachträglich bestätigte. Auf eine Frage nach einer konkreteren Begründung wollte sie sich „nicht weiter äußern“. Sie empfinde es als skandalös, dass ein solches privates Treffen ausgespäht worden sei.
An dem November-Treffen hatte auch der Potsdamer stellvertretende AfD-Kreischef Tim Krause teilgenommen. Krause ist auch Pressesprecher der Brandenburger Landtagsfraktion. Diese stellte sich vor ihn. „Tim Krause hat dort an einem privaten Treffen teilgenommen“, sagte der Fraktionschef Hans-Christoph Berndt. „Wir sehen jetzt überhaupt keine Verfehlung von Herrn Krause, dass er an diesem Treffen teilgenommen hat und werden auch keine Konsequenzen ziehen.“
Ein weiterer AfD-Teilnehmer, Sachsen-Anhalts Co-Fraktionschef Ulrich Siegmund, hatte dem Medienhaus Correctiv gesagt, als Privatperson dort gewesen zu sein. Dass ihm in diesem Zusammenhang nun die Ablösung als Vorsitzender des Sozialausschusses im Landtag droht, nannte er „undemokratisch“. Er sagte: „Die Begründung und der herbeigeredete Skandal entbehren, wie immer durchschaubarer wird, jeglicher Grundlage.“
Zu den in Potsdam besprochenen Plänen sagte Siegmund: „Remigration ist bereits seit 2015 das Gebot der Stunde.“ Wenn Rechtsextremisten diesen Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll - auch unter Zwang. „Remigration“ war gestern zum „Unwort des Jahres“ erklärt worden.
Debatte um Verbotsverfahren
In der Debatte zu einem möglichen Verbot der AfD sprach sich Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann dafür aus, die Partei inhaltlich zu stellen. „Wir konzentrieren uns darauf, Debatten zu führen, wie wir die AfD politisch eindämmen“, sagte der Grünen-Politiker in Stuttgart.
Ein möglicher Verbotsantrag sollte aus Kretschmanns Sicht von Bundesländern ausgehen, in denen die AfD besonders radikal ist. „Nach Verfassungsschutz-Aussagen wird die AfD vor allem in den östlichen Bundesländern als offenkundig rechtsextrem und rechtsextremistisch-verfassungsfeindlich gewertet“, sagte er.
Die Spitze der Unionsfraktion im Bundestag positionierte sich skeptisch zu einem Verbotsverfahren. „Ich sehe da wirklich sehr, sehr große Gefahren“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Abgeordneten, Thorsten Frei (CDU), in Berlin. Man müsse das Handeln der AfD-Mitglieder minuziös dokumentieren und lückenlos herleiten, um eine Verfassungsfeindlichkeit nachzuweisen. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt äußerte sich ähnlich.
Bundestag debattiert über Rechtsradikalen-Treffen
Auf Initiative der Ampel-Koalition wird sich auch der Bundestag an diesem Donnerstag mit dem Treffen befassen, an dem neben einigen Mitgliedern der AfD auch einzelne der CDU teilgenommen hatten. Die Fraktionen von SPD, FDP und Grünen haben dazu eine Aktuelle Stunde beantragt, wie die Deutsche Presse-Agentur erfuhr.
Der Bundestag kann neben Bundesrat und Bundesregierung ein Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht beantragen. Hochrangige SPD-Vertreter wie Parteichefin Saskia Esken und Fraktionschef Rolf Mützenich haben sich ebenso für die Prüfung eines Verbotsverfahrens ausgesprochen wie Schleswig-Holsteins CDU-Ministerpräsident Daniel Günther.