Tel Aviv/Sulz am Neckar. Eine 22-Jährige soll von Hamas-Terroristen in den Gazastreifen verschleppt worden sein - ihre Mutter kämpft öffentlich um Informationen und fordert nach einem Treffen mit Außenministerin Baerbock mehr Einsatz.
Die Mutter der mutmaßlich von Hamas-Terroristen in den Gazastreifen verschleppten Deutschen Shani Louk erhofft sich mehr Einsatz der Bundesregierung für die Geiseln. „Wir hoffen, dass jetzt mehr gemacht wird“, sagte Ricarda Louk nach dem Treffen mit Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) in Israel. „Es war sehr gut, dass sie hier war in unserem Land“, sagte Louk der dpa. Baerbock hatte sich am Freitag mit Familien der Geiseln getroffen. „Sie hat sich die Geschichten angehört, war sehr betroffen.“
Den Familien sei wichtig gewesen klarzumachen, „dass wir keine Zeit haben“. Unter den mutmaßlich Verschleppten seien kleine Kinder und alte Menschen, die Medizin brauchten. „Meine Tochter ist am Kopf verletzt und die Zeit drängt“, sagte Louk.
Ricarda Louk: „Wir sind so total im Dunkeln“
Die 22-jährige Shani Louk ist nach Überzeugung ihrer Familie beim Terrorangriff auf Israel am vergangenen Wochenende verschleppt worden. Sie sei bei einem Musikfestival in der israelischen Negev-Wüste von der islamistischen Hamas als Geisel genommen worden. Shani Louks Familie, von der ein Teil in Baden-Württemberg lebt, geht davon aus, dass die junge Frau schwer verletzt, aber am Leben ist und sich im Gazastreifen befindet.
Diese Informationen habe die Familie vor drei Tagen „über eine vertraute Person im Gazastreifen“ erhalten. Mehr könne sie über ihre Quelle nicht sagen. „Jeder dort ist in Gefahr“, sagte Louk. Niemand könne ihnen bisher jedoch hundertprozentig bestätigen“, dass die Informationen über ihre Tochter richtig sind.
Ihre Familie teile zwar alle Informationen mit den deutschen und israelischen Behörden, erhalte im Gegenzug aber nichts, sagte Ricarda Louk: „Wir sind so total im Dunkeln und das ist das Schwierigste.“
Lebensgefährte kritisiert Baerbock-Treffen als „Polit-Show“
Ihre Familie habe sich inzwischen mit anderen Betroffenen zusammengetan. „Es ist nicht nur Shani, sondern es sind viel mehr betroffene Familien und schreckliche Schicksale“, sagte Louk. „Auch die Ministerin sieht, es ist echt. Das sind keine Geschichten, das sind echte Schicksale und Menschen und Kinder und Großmütter, die entführt worden sind.“ (...) „Es ist unvorstellbar und die ganze Welt muss das wissen.“
Die Bundesregierung habe der Familie Unterstützung zugesichert, sagte auch Wilfried Gehr, der Lebensgefährte von Shanis Tante Orly Louk. Beide halten sich aktuell in Sulz am Neckar in Baden-Württemberg auf. Konkrete Ergebnisse habe es bei dem Treffen jedoch nicht gegeben. Gehr kritisierte das Gespräch als „Polit-Show“: Man habe die Familien lediglich als „Statisten“ benutzt, tue aber zu wenig, um die Gefangenen zu befreien, sagte er.
Außenministerin Baerbock appellierte nach Krisengesprächen in Ägypten eindringlich an die Hamas, alle aus Israel verschleppten Geiseln freizulassen. Der Bundesregierung seien acht Fälle von deutschen Staatsangehörigen unter den Verschleppten bekannt, darunter die meisten Doppelstaatler, sagte die Grünen-Politikerin nach einem Treffen mit ihrem ägyptischen Kollegen Samih Schukri in der Hauptstadt Kairo. Man nutze alle Kanäle, „um Informationen zu bekommen, in wessen Händen die Geiseln sind und um alles dafür zu tun, dass diese unschuldigen Menschen freigelassen werden“, ergänzte die Bundesaußenministerin.