Frankfurt/Main. Die Beamten kommen frühmorgens: Bei Ermittlungen gegen organisierte Schleuserkriminalität durchsuchen sie Wohnungen in fünf Bundesländern - mit Erfolg.
Bei einer Razzia in fünf Bundesländern hat die Bundespolizei am frühen Morgen mehrere mutmaßlich eingeschleuste Syrer entdeckt. Es seien fünf Haftbefehle gegen mutmaßliche Schleuser vollstreckt worden - gegen zwei Frauen und einen Mann in Stade sowie je eine Frau und einen Mann in Gladbeck, sagte ein Sprecher der Bundespolizei der Deutschen Presse-Agentur.
„Alle fünf sind auch Syrer“, ergänzte er. Die fünf Festgenommenen seien selbst Asylbewerber und alle familiär miteinander verbunden. Insgesamt werde der mutmaßlichen Bande im Laufe der Zeit die Einschleusung von mehr als 100 Syrern vorgeworfen.
Den Ermittlungen zufolge zahlten die mutmaßlich Geschleusten jeweils 3000 bis 7000 Euro für ihre illegale Einreise nach Deutschland, wie der Sprecher weiter mitteilte. Den Beschuldigten werde neben banden- und gewerbsmäßigem Einschleusen von Ausländern unter anderem auch Geldwäsche vorgeworfen: Sie hätten mit ihren illegalen Einnahmen beispielsweise Goldschmuck gekauft. „Dann sitzen sie nicht mehr auf dem Geld“, sagte Sprecher Jörg Martienßen.
Wie die Bundespolizeidirektion Flughafen Frankfurt am Main mitteilte, waren mehr als 350 Beamte in sieben Kommunen im Auftrag der Staatsanwaltschaft Stade in Wohnungen und Häusern im Einsatz: in Stade, Balge (beides Niedersachsen), Gladbeck (Nordrhein-Westfalen), Fulda, Kassel (beides Hessen), Bremen und Kelheim (Bayern).
Was schon bekannt ist
Laut Martienßen gibt es noch fünf weitere Beschuldigte ohne Haftbefehle - ebenfalls Syrer und familiär mit den fünf festgenommenen mutmaßlichen Schleusern verbunden. Die Altersspanne der Bande reiche von 23 bis 50 Jahren.
Nach den bereits im August 2022 begonnenen Ermittlungen waren Syrer nach Martienßens Worten zunächst nach Griechenland geflogen, dort mit echten Pässen von Landsleuten ausgestattet und dann über Zwischenstationen unter anderem per Flugzeug nach Deutschland gebracht worden. Später sei die mutmaßliche Bande auf die sogenannte Balkanroute umgeschwenkt, über die die illegalen Einwanderer zu Fuß sowie per Auto und Lastwagen nach Deutschland gelangt seien.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nannte die Razzia einen wichtigen Schritt. „Es ist ein weiterer Erfolg im Kampf gegen diese furchtbare Schleuserkriminalität“, sagte sie bei einem Besuch in Frankfurt. „Da werden Menschen ohne Wasser stundenlang in engste Räume gepfercht und dann hier ins Land gebracht.“ Sie wies daraufhin, dass auch die rechtlichen Rahmenbedingungen verändert würden. So sei Schleusertätigkeit künftig immer auch dann strafbar, wenn die Geschleusten noch nicht strafmündig seien. Außerdem könne Schleusern der Aufenthaltstitel entzogen werden.
Bei der gleichzeitig an allen Orten um 6.00 Uhr begonnenen Razzia stellten die Bundespolizisten laut Martienßen unter anderem Handys und Laptops sowie in Gladbeck ein mutmaßliches Schleuserauto sicher. Die elektronischen Geräte würden von Spezialisten aufwendig für die weiteren Ermittlungen ausgewertet. Auch Gold im Wert von rund 220.000 Euro sowie 16.000 Euro Bargeld hätten die Beamte konfisziert.
Laut Martienßen zeigen die Ermittlungen mit Durchsuchungen in insgesamt zwölf Objekten „auch in diesem Fall, wie sich kriminelle Netzwerke die persönlichen Lebensumstände und eine hohe Fluchtmotivation der Geschleusten zur eigenen Gewinnmaximierung zunutze machen“.
Aus Sicht der Täter handele es sich bei den Flüchtlingen „um eine Ware, aus deren Transport maximaler Profit erzielt werden soll“. Die mutmaßliche Bande habe mit weiteren Schleusern an „Zwischenstationen“ der sogenannten Balkanroute zusammengearbeitet.
Grüne: Skepsis bei Wirksamkeit von Grenzkontrollen
Die Co-Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Britta Haßelmann, sagte, bei der Schleuserkriminalität müsse Abhilfe geschaffen werden. Sie zeigte sich aber skeptisch, was die Wirksamkeit von Grenzkontrollen betrifft.
Wenn es überall stationäre Kontrollen an den Grenzen gäbe, werde ein Teil der dort eingesetzten Kräfte andernorts fehlen, etwa an Bahnhöfen. Außerdem werde der Alltag von Menschen im Grenzgebiet, etwa Berufspendlern, dadurch deutlich erschwert.