Berlin. Morgen soll das Gesetz zur Cannabis-Legalisierung auf den Weg gebracht werden. An dem Ampel-Projekt scheiden sich die Geister. Eine Beleuchtung von Pro- und Kontra-Argumenten.
Cannabis zu Hause oder gemeinschaftlich in speziellen Clubs anbauen oder ganz legal einen Joint rauchen - das soll mit dem Gesetz zur Cannabis-Legalisierung möglich werden. Die Ampel-Koalition wird es morgen voraussichtlich im Bundeskabinett auf den Weg bringen. Der Gesetzentwurf soll dann nach der Sommerpause im Bundestag beraten und beschlossen werden. Inkrafttreten könnten die neuen Regeln noch in diesem Jahr. An dem Vorhaben scheiden sich allerdings die Geister.
Befürworter und die Bundesregierung argumentieren so:
Die bisherige Verbotspolitik ist gescheitert. Die Droge ist bisher zwar illegal, wird aber trotzdem immer mehr konsumiert. Auf dem Schwarzmarkt haben Konsumenten aber keine Sicherheit: Der Wirkstoffgehalt bei von Dealern gekauften Drogen ist unklar, es können außerdem gefährliche Stoffe beigemischt sein. Mit der geplanten teilweisen Freigabe in Form von gemeinschaftlichem Anbau in Cannabis-Vereinen oder durch legalen Eigenanbau von maximal drei Pflanzen könnten durch strenge Vorgaben der Gesundheitsschutz verbessert sowie der Schwarzmarkt und die organisierte Kriminalität eingedämmt werden, wird argumentiert.
Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen als deutschlandweiter Zusammenschluss der Vereine und Verbände der Suchthilfe und Sucht-Selbsthilfe begrüßt die Entkriminalisierung von Konsumenten. „Bislang konnte nicht festgestellt werden, dass ein strafrechtliches Verbot wirksam den Konsum und einhergehende gesundheitliche und soziale Folgen reduziert“, heißt es in ihrer Stellungnahme zum Gesetz.
Die Bundesregierung bringt in ihrem Gesetzentwurf noch ein weiteres Argument: Strafverfolgungsbehörden, Gerichte und Gefängnisse könnten jährlich um gut eine Milliarde Euro entlastet werden, wenn Anbau, Besitz und Konsum für Erwachsene legal werden.
Doch das Vorhaben hat auch viele Gegner:
Bundesärztekammer, Kinder- und Jugendärzte, Gewerkschaft der Polizei (GdP), Deutscher Richterbund, um nur einige zu nennen. Richterbund und GdP sehen durch das Gesetz keine Entlastung von Justiz und Polizei - im Gegenteil. Die vielen speziellen Regeln zu Cannabis-Clubs und zu Anbau und Abgabe der Droge, die mit der Legalisierung kommen, müssten auch wieder kontrolliert und Verstöße geahndet werden, argumentieren sie. Bezweifelt wird auch, dass der Schwarzmarkt ausgetrocknet wird. Wenn wie geplant 25 Gramm Cannabis für den Eigenbedarf legal werden, könnten Dealer beispielsweise immer nur maximal diese Menge mit sich führen und kaum belangt werden, es sei denn, sie werden direkt bei einer Übergabe erwischt.
Ein schwerwiegendes Argument gegen die Legalisierung kommt von Verbänden aus der Medizin. Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V. verweist darauf, dass die Hirnreifung erst mit etwa Mitte 20 abgeschlossen sei und ein früherer Cannabis-Konsum etwa das Risiko für Psychosen erhöhen kann. Aus psychiatrischer und neurobiologischer Sicht sollte die Altersgrenze für den Zugang nach Ansicht des Verbands daher nicht unter 21 Jahren liegen. Das Gesetz sieht eine Freigabe ab 18 vor.
Verbände der Kinder- und Jugendmedizin lehnen den Gesetzentwurf in ihrer Stellungnahme „entschieden“ ab. Aus ihrer Sicht führen die Legalisierungspläne „zu einer Gefährdung der psychischen Gesundheit und der Entwicklungschancen junger Menschen in Deutschland“. Ähnlich argumentiert die Bundesärztekammer.
Das Bundesgesundheitsministerium selbst hatte Experten des Instituts für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung in Hamburg um eine Einschätzung gebeten. Diese waren in einem Papier im Mai zu dem Schluss gekommen, dass ein Anstieg des Cannabis-Konsums bei Jugendlichen „durch eine zunehmende Normalisierung des Konsums unter Erwachsenen begünstigt werden“ könnte und durch die Legalisierung sich „die subjektive Verfügbarkeit“ der Droge bei Jugendlichen erhöhe. Sie verwiesen auf einen stärkeren Anstieg des Cannabis-Konsums bei Jugendlichen in US-Bundesstaaten, in denen die Droge bereits legalisiert wurde.
Sowohl Pro als auch Contra:
Wie immer gibt es auch bei diesem Thema nicht nur Schwarz und Weiß, sondern auch Grau. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BdK) zum Beispiel begrüßt die grundsätzliche Absicht des Gesetzentwurfs, den Besitz von geringen Mengen Cannabis zu entkriminalisieren. Aber auch der BdK kritisiert das Gesetz im Detail: So soll den Plänen zufolge Cannabis, wenn es dann für Erwachsene legal ist, nicht in einem Umkreis von 200 Metern von Schulen oder Spielplätzen konsumiert werden dürfen. Wer soll das eigentlich kontrollieren, fragt der BdK und schlägt vor, doch dann lieber das Joint-Rauchen in der Öffentlichkeit ganz zu verbieten. Den Kinder- und Jugendschutz sieht der Verband ebenfalls nicht erfüllt. Seiner Ansicht nach wäre die „einzig sinnvolle Maßnahme“, die Abgabe von Cannabis an Minderjährige zum Verbrechenstatbestand zu machen, bewährt mit einer Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren.