Berlin. Nicht nur in Brandenburg: Der Verfassungsschutz stuft die Anastasia-Bewegung bundesweit als rechtsextremen Verdachtsfall ein. Was macht sie in den Augen der Verfassungsschützer gefährlich?
Die sogenannte Anastasia-Bewegung wird vom Verfassungsschutz inzwischen bundesweit als Verdachtsfall beobachtet. Das bestätigte eine Sprecherin des Bundesamtes für Verfassungsschutz auf Nachfrage der Deutschen Presse-Agentur.
Der Brandenburger Verfassungsschutz hatte bereits am Mittwoch im Landtag auf die Frage einer Abgeordneten der Linken mitgeteilt, dass die Bewegung in dem Bundesland als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft ist. Dem Netzwerk werden verschiedene Siedlungsprojekte zugeordnet. Ein größeres Projekt befindet sich im Ortsteil Grabow der Brandenburger Gemeinde Heiligengrabe (Landkreis Ostprignitz-Ruppin).
Esoterisch begründeten Rückbesinnung auf die Natur
Die Bewegung beruft sich auf die Romangestalt Anastasia eines russischen Gegenwartsautors. Ihre Anhänger haben sich einer esoterisch begründeten Rückbesinnung auf die Natur verschrieben, verbunden unter anderem mit einem reaktionären Gesellschaftsverständnis. Die Anhänger gründen „Familienlandsitze“ und verschreiben sich dem Prinzip der Selbstversorgung.
Die Einstufung als Verdachtsfall ermöglicht dem Verfassungsschutz den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel. Dazu zählen unter anderem die Observation und das Einholen von Auskünften über Informanten aus der jeweiligen Szene. „Teile der Anastasia-Buchreihe weisen verfassungsschutzrelevante Elemente auf, die mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung unvereinbar sind“, erklärte ein Sprecher des Innenministeriums in Potsdam. So enthalte die Buchreihe eine in Teilen völkische, rassistische und antisemitische Ideologie.
Fünf „Familienlandsitze“ in Brandenburg
Der brandenburgische Verfassungsschutz rechnet gegenwärtig fünf „Familienlandsitze“ der Anastasia-Bewegung zu. „Das Personenpotenzial liegt im unteren bis mittleren zweistelligen Bereich“, führte der Ministeriumssprecher aus. Die Gruppe unterhielte Verbindungen insbesondere nach Österreich und in die Schweiz. Das Gewaltpotenzial schätzte die Behörde als gering ein.
Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, hatte der dpa im vergangenen Dezember gesagt: „Dieses Thema völkische Siedler beunruhigt uns schon, diese Gruppierungen haben Zulauf und werden größer.“ Der Verfassungsschutz sehe hier insbesondere auch in einigen ostdeutschen Flächenländern und in Norddeutschland einen Schwerpunkt.
Die Ideologie
Die Ideologie dieser Siedler sei unterschiedlich. Haldenwang führte damals aus: „Wir haben da teilweise klare rechtsextremistische Ideologien dahinter. Doch wir haben auch esoterische Vorstellungen dahinter, wie bei der Anastasia-Bewegung. Oft haben diese Bewegungen einen antisemitischen Hintergrund.“ Beunruhigend sei, „dass diese Gruppierungen Wert darauf legen, ihre Kinder auch schon im Sinne dieser Ideologien zu erziehen, dass sie teilweise Schulbesuch ablehnen und eigene Schulen errichten wollen“.