Der zurückgetretene Gründer der Bewegung richtete vor der Frauenkirche einen Appell an die Anhänger. Auch Hamburger Politikerin Festerling taucht auf. Stadt verbietet muslimische Kunstaktion als Zeichen für Toleranz.
Dresden/Leipzig/Chemnitz. In Dresden sind am Montagabend die selbsternannten Patrioten gegen die Islamisierung des Abendlandes (Pegida) erstmals seit dem Auseinanderbrechen ihrer Führungsspitze wieder zu einer Kundgebung zusammengekommen.
Zur ersten Kundgebung nach dem Ausscheiden von Ex-Sprecherin Kathrin Oertel und fünf weiteren Angehörigen des Pegida-Organisationsteams kamen am Montagabend aber deutlich weniger Anhänger vor die Frauenkirche als zuletzt.
Beobachter werten die Entwicklung als Stärkung des rechten Pegida-Flügels um den Gründer Lutz Bachmann. Er sprach am Montag zu den Demonstranten. „Wir machen weiter, es gibt keinen anderen Weg“, rief er den Pegida-Anhängern zu. Bachmann war zurückgetreten, nachdem ausländerfeindliche Sprüche und ein Foto von ihm als Adolf Hitler im Netz aufgetaucht waren.
Seine verhängnisvollen Bemerkungen verteidigte Bachmann. Die aus einem Facebook-Post bekanntgewordenen Äußerungen über Ausländer seien verkürzt wiedergegeben worden. Außerdem habe er Worte gewählt, von denen er sicher sei, „dass jeder, wirklich jeder von uns sie schon einmal am Stammtisch benutzt hat“. Bachmann hatte Asylbewerber unter anderem als „Gelumpe“ und „Dreckspack“ beschimpft. Dass mit der Abspaltung des halben Organisationsteams ein Rechtsruck bei Pegida erfolgt sei, wies er allerdings zurück.
Auch die frühere Hamburger AfD-Politikerin Tatjana Festerling diagnostizierte eine „Nazi-Paranoia“ in weiten Teilen von Politik und Medien. „Lügenpresse, Lügenpresse“, skandierte daraufhin die Menge. Festerling hatte im vergangenen Jahr mit Sympathiebekundungen für die Kölner „Hooligans gegen Salafisten“ für Schlagzeilen gesorgt und kam nach Angaben eines AfD-Sprechers mit ihrem Austritt einem disziplinarrechtlichen Parteiverfahren zuvor.
Als Redner vor der Frauenkirche wurde unter anderem Götz Kubitschek, ein Vertreter der sogenannten Neuen Rechten, erwartet. Der Auftritt Kubitscheks und Festerlings deutet darauf hin, dass sich Pegida nach der Abspaltung gemäßigter Teile nun deutlicher nach rechts orientieren will.
Zu der ersten Kundgebung der von Oertel und den anderen Pegida-Abweichlern gegründeten Initiative „Direkte Demokratie für Europa“ (DDfE), die einen deutlich moderateren Kurs fährt, waren am Sonntag lediglich 500 Menschen vor die Dresdner Frauenkirche gekommen.
Stadt Dresden verhindert Kunst-Aktion
Am Abend wurde die Beleuchtung an der Frauenkirche ausgeschaltet. „Wir lehnen es ab, dass die Frauenkirche Dresden als Kulisse für ausländerfeindliche Kundgebungen instrumentalisiert wird“, sagte Pfarrer Sebastian Feydt. Das im Zweiten Weltkrieg zerstörte und später wiederaufgebaute Gotteshaus gilt weltweit als Symbol für Frieden und Versöhnung.
Eine Kunstaktion vor der Frauenkirche wurde von der Stadt Dresden indes kurzerhand unterbunden. Der Mannheimer Künstler Kurt Fleckenstein, der dort muslimische Gebetsteppiche ausgelegt hatte, musste diese wieder entfernen. Mitarbeiter der Stadtreinigung hätten die 175 Gebetsteppiche eingesammelt und mit zwei Lastwagen weggeschafft, sagte Kurt Fleckenstein, der mit der Aktion ein künstlerisches Zeichen für Offenheit und Toleranz setzen wollte, am Montag. Für den Abend hat die islamkritische Pegida vor der Frauenkirche eine erneute Kundgebung angemeldet.
„Wie sich die Stadt gebärdet im Umgang mit einer Kunstaktion, die sich kritisch mit Pegida auseinandersetzt, ist ungeheuerlich und entbehrt jeder Rechtstaatlichkeit“, zeigte sich Fleckenstein empört. Er sei weder aufgefordert worden, seine Installation selbst zu entfernen, noch hätten sich die Mitarbeiter der Stadtreinigung und des Ordnungsamtes ihm gegenüber für ihr Tun legitimiert.
„Die Installation richtet sich gegen die Thesen von Pegida“, sagte Fleckenstein. Die Aktion, bei er ein weiterer Teppich die Aufschrift „Ich glaube an Gott“ trug, sei durch die grundgesetzlich garantierte Kunstfreiheit gedeckt gewesen. Der 63-Jährige werde die Stadt wegen der Beseitigung seines Werks auf Schadenersatz verklagen. Ein Sprecher der Verwaltung sagte Radio Dresden, die nicht genehmigte „Sondernutzung“ habe nicht geduldet werden können, weil der Platz für eine andere Versammlung vorgesehen gewesen sei.
Legida nimmt Demo-Verbot offenbar hin
Derweil ist der Leipziger Pegida-Ableger Legida augenscheinlich nicht gegen das von der Stadt verhängte Verbot der für diesen Montag geplanten Demonstration vorgegangen. Bis zum frühen Nachmittag war kein Einspruch eingegangen, teilte das Verwaltungsgericht Leipzig mit. Auf der Facebook-Seite der Lediga hieß es, man bereite sich nun mit aller Kraft auf die Demonstration am 16. Februar vor. Die Stadt hatte den Aufmarsch am Wochenende wegen eines polizeilichen Notstandes untersagt, fünf Gegenkundgebungen aber genehmigt.
Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) verteidigte die Entscheidung am Montag. Die klare Sicherheitseinschätzung der Polizei sei für ihn bindend, sagte er MDR-Info. „Mit 1000 Beamten lässt sich die Sicherheit der Stadt nicht garantieren.
Schwindender Zulauf für Pegida
Die Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes hatten sich im Oktober 2014 in Dresden gegründet und rasch Zulauf erhalten. Auf dem Höhepunkt der Bewegung brachte Pegida 25.000 Leute auf die Straße. Bei der jüngsten Kundgebung am 25. Januar kamen noch 17.000 Anhänger. Kurz darauf spaltete sich die Bewegung.
In zahlreichen Städten auch außerhalb Sachsens waren für Montagabend wieder Demonstrationen von Pegida-Ablegern geplant, ebenso wie Gegenkundgebungen.
Dabei erschienen etwa zur Sügida-Kundgebung in Suhl laut Polizei 500 Demonstranten und damit 200 weniger als am vergangenen Montag. Es blieb zunächst friedlich. Für die Gegenbewegung „No-Sügida“ kamen nach Angaben der Polizei etwa 300 Menschen zusammen.
Bei einer Bürgerversammlung nahe der Kundgebung stellte sich Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) zeitgleich Fragen. Die Veranstaltung wurde zu Beginn von einer Gruppe von Männern gestört, die „Volksverräter“ riefen. Sie verließen den Saal freiwillig.
Auch der Berliner Ableger Bärgida („Berliner Patrioten gegen die Islamisierung des Abendlandes“) verlor in den vergangenen Wochen an Zulauf. Und so kamen auch am Montagabend lediglich etwa 250 Anhänger zusammen, um vom Hauptbahnhof zum Kanzleramt und zurück zu ziehen. Mehrere Gegendemonstrationen für mehr Toleranz und gegen Rassismus waren in der Hauptstadt zuvor abgesagt worden.