Wirtschaftsflügel der Union will Regeln überprüfen. SPD sieht keinen Bedarf für Änderungen
Berlin. Ein „Irrsinn“ sei das, schimpft Siegfried Serrahn, Spediteur aus Osnabrück. Er meint das Mindestlohngesetz von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD), das seit zwei Wochen in Kraft ist. „Das MiLoG geht mir auf die Nerven“, klagt Serrahn, der internationale Transporte durch Deutschland abwickelt. Denn der Mindestlohn gilt auch für ausländische Fahrer, die mit ihren Lkw Deutschland durchqueren. „Eine ausländische Stewardess, die über Deutschland fliegt, bekommt doch auch keinen Mindestlohn“, ärgert sich der Spediteur. Beauftragt er Fahrer-Subunternehmen aus dem Ausland, muss er dafür haften, dass auch Mindestlohn gezahlt wird. Ansonsten drohen Bußgelder von bis zu 500.000 Euro.
Der Spediteur ist nicht der einzige Unternehmer, der Probleme mit der Mindestlohn-Bürokratie hat. „Es gibt viele Beschwerden aus den Unternehmen über die Bürokratie, die da aufgebaut wird“, sagte Unionsfraktionsvize Michael Fuchs:„Das müssen wir schleunigst überprüfen.“ Der Parlamentskreis Mittelstand der Unionsfraktion fordert ebenfalls, die Mindestlohn-Regelungen zu „entbürokratisieren und auf Fehlentwicklungen zu überprüfen“. Zuvor hatte CSU-Chef Horst Seehofer Nachbesserungen am Mindestlohn verlangt.
Auf die Große Koalition kommt damit neuer Streit um den Mindestlohn zu. Denn die SPD kann keinen Nachbesserungsbedarf an ihrem Prestigeprojekt erkennen. „Langsam sollten sich auch die üblichen Dumpinglohn-Lobbyisten damit abfinden und ihren Widerstand gegen eine faire Bezahlung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aufgeben“, sagte SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi. Arbeitsministerin Nahles habe ein Gesetz vorgelegt, das ausgesprochen unbürokratisch sei. „Die Kritik am Mindestlohn ist ebenso durchsichtig wie interessengesteuert wie unzutreffend“, sagte Fahimi. SPD-Fraktionsvize Carsten Schneider wies die Kritik an der Mindestlohn-Bürokratie ebenfalls zurück.
Die Union will die Regelungen dagegen so schnell wie möglich auf den Prüfstand stellen. Fuchs forderte Nahles auf, die Evaluierung des Gesetzes zu beschleunigen. Sie solle schon zum 30. Juni einen ersten Bericht vorlegen. Laut Gesetz ist dies erst im Jahr 2020 geplant. Fuchs kritisierte auch die geplanten Kontrollen: „Es ist ein Trauerspiel, dass wir 1600 Zöllner einstellen, während in den Ländern Polizisten fehlen. Die Unternehmen werden kontrolliert, Einbrecher aber nicht gefasst.“ Für die Kontrolle des Mindestlohns gebe die Bundesregierung 100 Millionen Euro im Jahr aus. Dafür sollte man besser Polizisten einstellen, so Fuchs.