Forderung nach deutschen Waffenlieferungen in den Irak setzt Grundsatzdebatte in Gang
Berlin. Das Parteiprogramm der Linken ist in diesem Punkt unmissverständlich: Die Linke fordert ein „striktes Verbot von Rüstungsexporten“. Wahlplakate zeigen einen Panzer im Verbotsschild. Der Text lautet: „Rüstungsexporte verbieten“. Die Forderung gehört zum Markenkern der Partei. Alles andere war bislang für die Linke undenkbar. Nun bricht Gregor Gysi mit seinem Vorschlag für deutsche Waffenlieferungen in den Irak ein Tabu. Der Linke-Fraktionschef im Bundestag forderte zum Wochenanfang die Lieferung deutscher Waffen an die nordirakischen Kurden, die der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) gegenüberstehen: „In dieser Notsituation ist das erforderlich, um größeres Unheil zu verhindern“, so Gysi.
Die Entrüstung innerhalb seiner Partei ist riesig. In den kommenden Wochen stehen Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen an. In der Vergangenheit reagierte Gysi mit Unverständnis, wenn Parteikollegen mit nicht abgestimmten Vorstößen die Kampagnen der Wahlkämpfer durchkreuzten. Bodo Ramelow, Fraktionschef im Erfurter Landtag, sagte: „Hier helfen weder deutsche Waffen noch einseitige Flüchtlingsaufnahmen.“ Notwendig seien allein eine irakische Armee, die aufseiten ihrer Staatsbürger stehe, sowie ein Ende der Kooperation mit allen Staaten, die mit den Islamisten zusammenarbeiten. Die USA hätten mit „ihrer Militärpolitik gegen die Potentaten das Destaster der Destabilisierung in Gang gesetzt. Die Büchse der Pandora, der IS, ist mit Unterstützung der amerikanischen Waffenbrüder Saudi-Arabien und Katar geöffnet worden.“ Der aussichtsreiche Spitzenkandidat für die Landtagswahl am 14. September weist jedoch darauf hin, dass das Thema Waffenlieferungen keine landespolitische Frage sei.
Ramelow steht in einer Linie mit Gysis Stellvertretern Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch. Nachdem beide empört auf Gysis Vorstoß reagiert hatten, relativierte dieser seine Äußerungen und erklärte, er sei missverstanden worden. Er sei gegen Waffenlieferungen ohne Uno-Beschluss und habe mit seinen Äußerungen vor allem auf die inkonsequente Haltung der Bundesregierung hinweisen wollen, die Waffen an Katar und Saudi-Arabien liefere. In einer gemeinsamen Erklärung mit den Parteichefs Bernd Riexinger und Katja Kipping heißt es jetzt: „Jeder Akt der Selbstverteidigung gegen den Vormarsch der Terrorbanden des Islamischen Staats ist legitim.“ Die Forderung nach Waffenlieferungen wird nicht mehr erhoben.