Brüderle, Gysi und Trittin wollen die vielen noch unentschlossenen Wähler umwerben
Berlin. Jürgen Trittin, Rainer Brüderle und Gregor Gysi, die Fraktionschefs von Grünen, FDP und Linkspartei, treffen sich am heutigen Montag in einer Herrenrunde in der ARD (20.15 Uhr). Der Sender kündigt den Schlagabtausch als Rückspiel zum TV-Duell zwischen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihrem Herausforderer Peer Steinbrück (SPD) an. Tatsächlich verspricht das Männertrio die womöglich unterhaltsamere Wahlkampfshow zu werden: Vor allem Gysi und Brüderle sind als schlagfertige und publikumswirksame Redner bekannt, die keine Pointen auslassen, weder die geistreichen noch die platten. Der streitbare Trittin dürfte zur weiteren Belebung beitragen.
Da Merkel beharrlich einen Schlagabtausch mit allen Spitzenkandidaten ablehnt und sich – wohl oder übel – lediglich dem Zweikampf mit ihrem direkten Widersacher Steinbrück stellt, ist der Dreikampf am Abend nach dem TV-Duell eigentlich eine Notlösung. Und es ist durchaus fraglich, wie viele Fernsehzuschauer sich nach dem Spitzenduell auch noch am zweiten Abend in Folge einen Streit unter Spitzenkandidaten ansehen möchten. Für die drei Beteiligten steht bei dem Fernsehauftritt allerdings viel auf dem Spiel. Selten zuvor waren so kurz vor einer Bundestagswahl so viele Wähler noch unentschlossen, wem sie ihre Stimme geben sollen. Ein gutes Abschneiden bei diesem Rededuell könnte somit durchaus über Erfolg oder Misserfolg am 22. September entscheiden.
Für Gregor Gysi scheint Wahlkampf ein Verjüngungselixier zu sein
Beim letzten Mal im September 2009 fiel die Einschaltquote mit rund 4,2 Millionen Zuschauer und einem Marktanteil von 13,9 Prozent eher durchschnittlich aus. Allerdings war die Konstellation damals eine andere. Die FDP schickte Guido Westerwelle, die Linke Oskar Lafontaine ins Rennen – nur Jürgen Trittin vertrat schon im Jahr 2009 die Grünen im Dreikampf. Einen Satz, den Lafontaine damals sagte, dürfte diesmal auch Gregor Gysi in petto haben: Man sei zur Zusammenarbeit bereit, wenn die Kernforderungen der Linken umgesetzt würden. Für Gregor Gysi ist Wahlkampf ein Verjüngungselixier: Selten sieht man den Linken-Fraktionschef besser gelaunt als in den Wochen vor der Bundestagswahl. Auf einen TV-Auftritt pflegt er sich wenig vorzubereiten. Nur bei den Zahlen verlangt er von seinen Mitarbeitern eine akkurate Vorrecherche.
Brüderle bereitet sich auf das „Triell“ nicht anders vor als auf andere Fernsehdebatten. Er hält die Trennung in ein „großes TV-Duell“ und eine anschließende Runde der kleineren Parteien ohnehin für eine Fehlkonstruktion. „Bei uns in Deutschland wird nicht der Kanzler gewählt, sondern die Parteien“, sagte er jüngst bei einem Wahlkampfauftritt. „Deren Stärke entscheidet letztlich darüber, wen der Bundestag zum Kanzler kürt.“ Deshalb, so lässt sich das verstehen, wäre ihm eine gemeinsame Runde aller Spitzenkandidaten lieber. Aber so ist es nun mal nicht, und deshalb müssen die drei kleineren Parteien ohne die Zugpferde Merkel und Steinbrück um die Aufmerksamkeit des Fernsehpublikums buhlen.