Benedikt XVI. gelobt “Gehorsam“ für den Nachfolger, verabschiedet sich von den Kardinälen und fliegt mit dem Helikopter nach Castel Gandolfo.
Rom. Historische Zäsur für die katholische Kirche und ein Abschied voller Demut: Die letzten Stunden vor seinem Rücktritt hat Papst Benedikt XVI. für ein persönliches Treffen mit den Kardinälen genutzt. Seinem Nachfolger, mit dem er in wenigen Monaten gemeinsam im Vatikan leben wird, versprach er am Donnerstag "bedingungslose Hochachtung und Gehorsam".
Die insgesamt 144 Kardinäle spendeten Benedikt in der Sala Clementina des Vatikans längeren Applaus. Viele von ihnen wählen im März seinen Nachfolger. Der deutsche Papst verabschiedete sich von jedem Kardinal mit einem Handschlag und einigen persönlichen Worten. "Eure Nähe und Eurer Rat waren in meiner Amtszeit eine große Hilfe", sagte er.
Der Dekan des Kardinalskollegiums, Angelo Sodano, bedankte sich in einer kurzen Ansprache bei dem scheidenden Papst. "Geliebter und ehrwürdiger Nachfolger von Petrus, wir müssen Ihnen danken für das Beispiel, das Sie uns in diesen acht Jahren waren", sagte Sodano. "Heute wollen wir Ihnen noch einmal unsere ganze Dankbarkeit ausdrücken. Alle zusammen geben wir Ihnen einen Ausdruck aus Ihrem Heimatland mit auf den Weg: ,Vergelt's Gott', dass Gott Sie belohnt."
Benedikt ist der erste Papst der Neuzeit, der von seinem Amt zurücktritt. Sein Pontifikat ging am Abend um 20Uhr nach knapp acht Jahren zu Ende - ein spektakulärer Moment, der in die Kirchengeschichte eingehen wird. Danach begann die Zeit der Sedisvakanz ("leerer Stuhl Petri"), bis ein neuer Papst gewählt wird. Einen Termin für das Konklave gibt es noch nicht.
Der 85-Jährige, der seinen Rücktritt am 11. Februar angekündigt und mit schwindenden Kräften begründet hatte, betrachtete den Donnerstag als normalen Arbeitstag. Am Mittag aß Benedikt mit seinem Sekretär und anderen Mitgliedern der päpstlichen Familie zu Mittag. Kurze Zeit später sagten Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone und Sodano dem scheidenden Pontifex im Vatikan Lebewohl.
Gegen 17 Uhr verschickte Benedikt seinen letzten Tweet im Kurznachrichtendienst Twitter und flog mit dem Hubschrauber zur päpstlichen Residenz Castel Gandolfo. Dort wird er in den nächsten beiden Monaten als emeritierter Papst wohnen. Danach zieht er in ein ehemaliges Kloster in den Vatikanischen Gärten, das für ihn hergerichtet wird. Dort will er zurückgezogen leben und sich dem Gebet widmen. Ein Ex- und ein neuer Papst gemeinsam im Vatikan - wie das in der Praxis genau funktioniert, muss sich zeigen.
In Castel Gandolfo grüßte der Papst als in einem letzten öffentlichen Akt die Gläubigen von der Loggia des Palastes. Um 20 Uhr wurde als symbolisches Zeichen für das Ende des Pontifikats das Portal der Residenz geschlossen. Die Schweizer Garde stellte ihren Dienst ein, für die Sicherheit des ehemaligen Kirchenoberhauptes ist jetzt die Gendarmerie des Vatikans zuständig. Benedikts bisherige Wohnung im Apostolische Palast im Vatikan wurde um 20 Uhr versiegelt.
In Deutschland wurden abends in vielen katholischen Kirchen die Glocken geläutet. Außerdem gab es Dankgottesdienste, darunter einen zentralen in der Kathedrale St. Hedwig in Berlin, zu dem auch Bundeskanzlerin Angela Merkel kam. Zahlreiche deutsche Bischöfe würdigten Benedikts Pontifikat.
Am heutigen Freitag sollen die Kardinäle aufgefordert werden, sich in Rom zu versammeln. Der Vatikan geht davon aus, dass sich das Kollegium dann Anfang nächster Woche trifft, um die Wahl eines neuen Papstes vorzubereiten. Wann das Konklave, an dem nach Angaben von Lombardi voraussichtlich 115 Kardinäle teilnehmen werden, beginnt, ist noch offen.
Tarcisio Bertone führt bis zur Wahl eines neuen Kirchenoberhauptes im Vatikan als Camerlengo die Amtsgeschäfte. Er ist bereits seit knapp sechs Jahren in dieser Position des Kardinalkämmerers. Der Norditaliener Bertone arbeitete unter Benedikt als Kardinalstaatssekretär und war damit der Regierungschef oder "rechte Hand" des deutschen Papstes. Dem Kardinalskollegium gehört Bertone seit Oktober 2003 an. Bertone ist unter 80 Jahre alt und nimmt damit auch an dem Konklave im März teil. Er galt bei der letzten Papst-Wahl wie auch jetzt als ein Kandidat für den Stuhl Petri.