Kann die Linke mit Gregor Gysi in den Wahlkampf ziehen? Die Antwort könnten Hamburger Staatsanwälte geben, die jetzt gegen ihn ermitteln.
Berlin. So viel los ist selten beim Statement von Linksfraktionschef Gregor Gysi vor der Sitzung seiner Fraktion. Und wegen seiner Ausführungen zum deutschen Mali-Einsatz oder dem Pferdefleischskandal ist wohl auch niemand gekommen.
Mitten im Vorwahlkampf steht der Vorwurf im Raum, der prominenteste Linke habe eine falsche eidesstattliche Versicherung abgegeben. Es geht um die alten Frage, ob er als Anwalt in der DDR mit der Stasi zusammengearbeitet hat.
Es ist der erste öffentliche Auftritt Gysis seit Bekanntwerden der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Hamburg am vorletzten Wochenende. Auf dem Spiel stehen der Ruf des für viele größten Sympathieträgers der Linken und die Chancen der Partei, die in Umfragen derzeit über sechs bis sieben Prozent nicht hinauskommt.
Der 65-Jährige will augenscheinlich Gelassenheit und Klarheit ausstrahlen. „Ich unterschreibe nur eidesstattliche Versicherungen, die richtig sind“, sagt er. „Ich habe von der Staatssicherheit nie ein Geschenk bekommen“, beteuert er erneut. Und über seinen Anwalt werde er Stellung nehmen.
Sieht Gysi sich ebenso wie viele in seiner Partei als Opfer einer Kampagne? Bezüglich einiger Journalisten meint er: „Da ist schon ein bisschen was dran. Sie hören auch nicht auf, bevor ich tot bin.“
In mehreren Gerichtsverfahren hat Gysi sich bisher stets erfolgreich gegen den Vorwurf gewehrt, er habe Mandanten verraten oder ausspioniert. In den Ermittlungen geht es nun um eine eidesstattliche Erklärung aus einem Verfahren, in dem Gysi sich gegen einen TV-Bericht über seine Stasi-Kontakte wehrte. Zudem um einen Stasi-Aktenvermerk über ein Gespräch zwischen Gysi und Stasi-Vertretern im Februar 1989. Gysi versicherte später, er habe nicht über Mandanten oder sonst jemanden an die Stasi berichtet.
„Natürlich stört mich das Ermittlungsverfahren“, meint der Politiker. „Aber ich kenne inzwischen die Vorgänge und bin deshalb sehr beruhigt.“
Mit keinem Wort geht er ein auf einen „Spiegel“-Bericht vom Wochenende über den Inoffizielle Mitarbeiter „Notar“. Gysi bestritt stets, „Notar“ gewesen zu sein. Der Name verweise wohl auch nur auf eine Info-Sammlung der Stasi. Nun heißt es, von der Stasi habe „Notar“ Urkunde und Münze erhalten – was Gysis Version von der reinen Datensammlung zweifelhaft erscheinen lässt.
Würde gegen Gysi im Wahlkampf Anklage erhoben, wäre er wohl kaum mehr zu halten. Doch der Betroffene beteuert: „Wenn ich eine Straftat begangen hätte, dann können Sie davon ausgehen, dass ich meine Konsequenzen zöge. Aber ich habe keine begangen, und ich werde auch keine begehen.“ Er könne nicht wegen jeden absurden Vorwurfs über Rücktritt nachdenken. „Ich bin auch der Meinung, dass ich meine Partei und ihre Wahlergebnisse stärken kann.“
Nachdem er in der vergangenen Woche wegen einer Schulteroperation im Krankenhaus sein musste, wartet Gysi dann doch noch mit einer intimen Enthüllung auf: „Ich habe jetzt ein Titanblech und acht Schrauben, das heißt, ab jetzt können Sie sagen: Bei dem ist vielleicht ’ne Schraube locker.“ Nur Sicherheitsschleusen wie auf Flughäfen würden jetzt zur Herausforderung. „Wenn ich jetzt durch diesen Sicherheitsapparat laufe, dann piepe ich ständig.“
Doch auch dafür werde er eine Lösung finden, versichert Gysi. Ganz so, als seien alle anderen Probleme schon gelöst.