Ohne Doktortitel und ohne Ministeramt will Schavan nur noch einfache Bundestagsabgeordnete sein. Die CDU im Südwesten unterstützt sie.
Ulm/Stuttgart/Berlin. Annette Schavan (CDU) bekommt nach dem Rücktritt als Bundesbildungsministerin aus der CDU in ihrer Wahlheimat Baden-Württemberg weiterhin volle Unterstützung. Die 57-Jährige bleibt Spitzenkandidatin des Kreisverbands Alb-Donau/Ulm für die Bundestagswahl. „Sie hat mir versichert, dass sie ihre Kandidatur wahrnimmt“, sagte Verbandschef Paul Glökler. Schavan hatte am Sonnabend in Berlin ihre Entscheidung verkündet. Sie zog damit die Konsequenzen aus der Aberkennung ihres Doktortitels durch die Universität Düsseldorf.
Schavan begründete ihren Rücktritt mit dem Respekt vor dem Amt des Bildungs- und Forschungsministers. Ihre Klage gegen eine Universität würde die Bundesregierung, das Amt und auch die CDU belasten. „Das Amt darf nicht beschädigt werden“, erklärte Schavan. Die Vorwürfe, sie habe vorsätzlich bei ihrer 1980 eingereichten Arbeit getäuscht, träfen sie tief. Schavan betonte, sich nun auf ihr Bundestagsmandat konzentrieren zu wollen. Seit 2005 vertritt sie den Wahlkreis Ulm/Alb-Donau-Kreis im Bundesparlament.
Baden-Württembergs CDU-Chef Thomas Strobl sagte: „Wir geben Frau Schavan auf diesem Weg, den sie nun eingeschlagen hat, alle Unterstützung, die wir ihr geben können.“ Es sei nachvollziehbar, dass sie sich nun ganz auf ihre juristische Auseinandersetzung mit der Universität konzentrieren möchte. CDU-Fraktionschef Peter Hauk sagte: „Wir haben Respekt vor der Entscheidung von Annette Schavan. Sie übernimmt damit die Verantwortung zum Wohle der Partei.“
Im Südwesten hatte Schavan während der Plagiatsaffäre stets Rückendeckung bekommen. So erhielt Schavan auch am Wochenende Lob für ihre Verdienste als Ministerin in Baden-Württemberg, wo sie von 1995 bis 2005 die Ressorts Kultus, Jugend und Sport geleitet hatte. Der Vorsitzende des CDU-Bezirks Württemberg-Hohenzollern, Thomas Bareiß, bedauerte den Rücktritt: „Es ist ein Jammer, dass Annette Schavan nach 17 Jahren unglaublich erfolgreicher Arbeit in Stuttgart und Berlin als Ministerin gehen muss.“ Strobl sagte, Schavan habe sich als Bundesbildungsministerin und auch als Kultusministerin in Baden-Württemberg um die Bildungslandschaft, um Forschung und Wissenschaft in unserem Land „im höchsten Maße verdient gemacht“.
Darauf baut auch ihr Heimatverband, der die 57-Jährige Ende Januar - damals also noch mit Doktortitel – mit knapp 96 Prozent der Stimmen nominiert hatte. „Da war alles einkalkuliert. Auch eine Entwicklung wie die heutige war erwartbar“, sagte der Fraktionsvorsitzende der Ulmer CDU, Thomas Kienle, am Samstag der dpa. „Bei den Beziehungen und Netzwerken, die die Frau hat, unabhängig vom Ministeramt, ist sie für uns immer noch Gold wert“, sagte Glökler. Kienle betonte, Schavan habe überaus viel für den Wissenschaftsstandort Ulm getan. An Schavans Erfolgen werde fraktionsübergreifend nicht gezweifelt. So hatte etwa Ulms SPD-Oberbürgermeister Ivo Gönner ihr Unterstützung zugesagt. „Auch als Abgeordnete ohne Bundesministertitel ist sie eine strake Repräsentanz für den Kreisverband“, erklärte Kienle.
Der Landeschef der Jungen Union, Nikolas Löbel, sprach von einem würdevollen Umgang Schavans mit dem Vorwürfen um ihre Doktorarbeit und einer verantwortungsbewussten Entscheidung. Nach Bekanntwerden der Plagiatsvorwürfe hatte er daran erinnert, dass Schavan dem damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) mit ihrer Kritik an den Plagiaten in dessen Dissertation den „Todeskuss“ gegeben habe. „Im Laufe der Monate hat sich aber gezeigt, dass die Fälle überhaupt nicht vergleichbar sind“, sagte Löbel. Schavan sei als Bildungsministerin aber dennoch oberste Hüterin der Wissenschaft und damit in einer ganz anderen Funktion gewesen. „Für das Amt war der Rücktritt eine würdevolle Entscheidung. Das verdient Respekt.“
Als neue Bundesbildungsministerin soll die niedersächsische Wissenschaftsministerin Johanna Wanka (CDU) antreten. Strobl sagte über die promovierte Mathematikerin: „Frau Wanka ist eine exzellente Wahl für die Nachfolge im Amt der Bundesbildungsministerin. Die baden-württembergische CDU wünscht ihr für diese Aufgabe in diesem so wichtigen Ressort alles Gute und besten Erfolg.“
Dass die Südwest-CDU nun nur noch mit Finanzminister Wolfgang Schäuble im Bundeskabinett repräsentiert ist, schadet dem Ansehen des zweitgrößten CDU-Landesverbands laut einem Sprecher nicht. Mit Schäuble, Volker Kauder als Unionsfraktionsvorsitzendem, Annette Widmann-Mauz und Hans-Joachim Fuchtel als parlamentarische Staatssekretäre sowie Strobl als Landesgruppenchef und Bundes-Vize sei die Südwest-CDU in Berlin „hervorragend“ vertreten.