Kölner Erzbischof ruft mit Brief an Seelsorger zu Tapferkeit im Umgang mit öffentlicher Häme und „ungerechtfertigten Vorwürfen“ auf.
Köln/Bonn. Kardinal Joachim Meisner sieht eine „Katholikenphobie“ in der Gesellschaft. Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ (Freitagsausgabe) berichtet, ruft der Kölner Erzbischof einem Brief an alle Seelsorger im Erzbistum Köln die Priester und Laienmitarbeiter zu Tapferkeit im Umgang mit öffentlicher Häme und „ungerechtfertigten Vorwürfen“ auf.
In dem dreiseitigen Schreiben, das der Zeitung vorliegt, reagiert Meisner auf die Diskussionen über die Zurückweisung eines Vergewaltigungsopfers an zwei katholischen Kölner Kliniken sowie den Bruch zwischen katholischer Bischofskonferenz und dem Kriminologen Christian Pfeiffer, der Zweifel am Willen zur Aufklärung des Missbrauchsskandals genährt hatte.
Meisner schreibt mit Blick auf Kliniken- und Missbrauchsskandal, die Kirche von Köln habe „in der öffentlichen Wahrnehmung einen Sturm erlebt, wie ich ihn in meinen Jahren als Bischof selten erlebt habe“. Den tiefer liegenden Grund dafür sieht der Kardinal darin, dass „die Entschiedenheit der katholischen Positionen zum Lebensschutz, zu Ehe und Familie“ sowie der „deutlichen Repräsentanz“ durch Papst und Bischöfe immer stärker polarisierten.
Erst vor wenigen Tagen hatte der Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation, Erzbischof Gerhard Ludwig Müller, eine künstlich erzeugte Wut gegen die katholische Kirche beklagt, „die gelegentlich schon heute an eine Pogromstimmung erinnert“.
Während sich der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Alois Glück, kritisch zu Müller vor allem wegen dessen Wortwahl äußerte, zeigt er für Meisner Verständnis. Der Kölner Erzbischof argumentiere differenzierter als Müller. „Immerhin hatte der Kardinal den Mut, in einer Druck-Situation Bewegung etwa in die Debatte über die ’Pille danach’ zu bringen“, sagte Glück dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Das war überraschend und verdient Anerkennung.“
Meisner hatte als Reaktion auf die Abweisung des Vergewaltigungsopfers in Kölner Krankenhäusern vor wenigen Tagen erklärt, dass eine „Pille danach“ auch aus katholischer Sicht zu akzeptieren sei, wenn sie keine abtreibende Wirkung für eine bereits befruchtete Eizelle habe.
Glück sagte der Zeitung, in der Tat gebe es „aggressiv-antikirchliche Stimmungen“. Sie seien zum Teil Folge schlechter Erfahrungen mit der Kirche. Zum Teil seien sie aber auch Ausdruck einer Entfremdung gegenüber der Dimension des Religiösen überhaupt.