In der Hansestadt dauert es am längsten. Laut MLP-Gesundheitsreport gibt es insgesamt gute Noten für medizinische Versorgung in Deutschland.
Hamburg. Mit dem Gesundheitswesen sind die Deutschen nach einer Umfrage recht zufrieden. Doch vor allem in Hamburg werden lange Wartezeiten beim Arzt bemängelt. Das sind Kernergebnisse des MLP-Gesundheitsreports, der am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde. Acht von zehn Befragten (82 Prozent) finden die medizinische Versorgung gut, ein Wert, der zuletzt Anfang der 90er-Jahre erreicht wurde. Die Geschäftsführerin des Instituts für Demoskopie Allensbach, Renate Köcher, sieht den Hauptgrund für die positiven Werte in der gesundheitspolitischen Ruhe: "Die wachsende Zufriedenheit geht vor allem darauf zurück, dass die Bürger nicht mit Reformdiskussionen behelligt werden."
Innerhalb eines Jahres stieg der Anteil der Zufriedenen um zehn Prozentpunkte. Nur noch 39 Prozent meinen, die Gesundheitsversorgung habe sich verschlechtert, 46 Prozent sagen, sie sei gleich geblieben, neun Prozent sprachen von einer Verbesserung. Allerdings fürchtet fast jeder Dritte, dass er im Krankheitsfall eine nötige Behandlung womöglich nicht verschrieben bekommt, weil sie zu teuer sei.
Laut Befragung steigt auch die Zuversicht der Ärzte. 93 Prozent halten die Gesundheitsversorgung für gut oder sehr gut, nur sieben Prozent für weniger gut. Allerdings sehen 67 Prozent ihre Therapiefreiheit durch den steigenden Kostendruck infrage gestellt. 38 Prozent geben an, Behandlungen mindestens gelegentlich aus Kostengründen verschieben zu müssen. Mit ihrem Einkommen sind die meisten Mediziner zufrieden. Den Ärztemangel auf dem Land und zu viel Stress im Krankenhaus spüren sie hingegen deutlich.
Vor allem gesetzlich Versicherte beklagen lange Wartezeiten. 38 Prozent sagen, binnen zwei Jahren mehrmals lange auf einen Arzttermin gewartet zu haben. Bei 17 Prozent kam dies einmal vor. Trotz Termins saßen sogar 67 Prozent der Kassenpatienten lange im Wartezimmer, aber nur 48 Prozent der Privatpatienten. Köcher sagte: "Das müsste nicht auf diesem hohen Niveau stattfinden." In den Praxen gebe es einiges zu optimieren.
In Hamburg mussten 61 Prozent der Befragten lange auf einen Termin warten. Das ist gemeinsam mit Mecklenburg-Vorpommern bundesweit Negativrekord. 71 Prozent der Hamburger mussten trotz Termins lange warten - nur die Hessen (73 Prozent) beklagten sich noch häufiger darüber.
Umfrageexpertin Köcher sagte: "Es gibt kein gesundheitspolitisches Profil bei irgendeiner der Parteien." Das ist im Jahr der Bundestagswahl alarmierend für Regierung und Opposition. In der Bevölkerung sagen 64 Prozent, keine Partei habe das vernünftigste Reformkonzept, oder sie wüssten es nicht. Erstaunlich ist, dass jeder zweite Arzt (51 Prozent) die Einführung einer Bürgerversicherung positiv sieht.
Solche Modelle planen SPD und Grüne. Dabei müssten sich alle Deutschen in Zukunft gesetzlich versichern. Alle Einnahmequellen würden für die Berechnung der Krankenkassenbeiträge zugrunde gelegt. Die private Vollversicherung würde vermutlich langsam auslaufen. In der Bevölkerung stößt diese Vorstellung, nach der auch Selbstständige, Beamte und Gutverdiener in die gesetzliche Krankenversicherung einzahlen, bei etwas mehr als der Hälfte auf Zustimmung.
Köcher sprach von einem "bemerkenswerten Befund". Ein erheblicher Teil der Ärzte sehe einer Bürgerversicherung offenbar gelassen entgegen. Dies sei möglicherweise damit zu erklären, dass die Ärzte mit einem ausgebauten System an privaten Zusatzversicherungen rechneten, über das sie zusätzliche Leistungen abrechnen könnten.
Die großen Probleme der Zukunft sehen Mediziner und Bevölkerung gleichermaßen im Mangel an Pflegekräften und Ärzten. 57 Prozent der Patienten im Krankenhaus bemängeln, dass die Ärzte zu wenig Zeit für sie haben; das sind fast doppelt so viele wie noch Mitte der 90er-Jahre. Ebenso beklagt fast jeder Zweite einen Mangel an Krankenschwestern und -pflegern.
Beim Thema Pflege für Ältere und Bedürftige reicht der breiten Bevölkerung das Engagement der schwarz-gelben Bundesregierung augenscheinlich nicht aus. Daran haben offenbar auch die groß angelegte Pflegereform von Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) und der sogenannte "Pflege-Bahr" als Anreiz für eine private Zusatzversicherung nichts geändert. Mit dem staatlichem Zuschuss sollen Bürger animiert werden, privat Pflegepolicen abzuschließen.