CDU-Experte Spahn räumt Ärzteorganisationen in den „nächsten Wochen“ Zeit ein, selbst aktiv gegen Missstände vorzugehen.
Berlin. Der CDU-Gesundheitsexperte Jens Spahn will korrupte Ärzte an den öffentlichen Pranger stellen. Er plädierte in der ARD dafür, bestechliche Mediziner öffentlich zu ächten. Zudem rief er Ärzteorganisationen auf, entschieden gegen die schwarzen Schafe in den eigenen Reihen vorzugehen: "Zum Ersten fordern wir die Ärztekammern und Kassenärztlichen Vereinigungen auf, das, was heute berufsrechtlich und sozialrechtlich schon geht, auch schon mal zu nutzen. Zum Zweiten finde ich auch wichtig, dass sie öffentlich mal sagen, dass sie das ächten."
Spahn erklärte, schon heute seien berufsrechtlich Geldstrafen bis hin zum Entzug der Approbation möglich. Sozialrechtlich könnte man die Kassenzulassung entziehen. Das hieße, der Betreffende könnte keine Kassenpatienten mehr behandeln. Es komme sicher tausendfach vor, dass gegen eine Miete in Arztpraxen Medizintechnik ausgestellt werde. Das sei ein Beispiel für Korruption unter Medizinern. Davon versprächen sich die Hersteller Aufträge. Der Patient müsse nach medizinischen und nicht nach finanziellen Kriterien behandelt werden.
Spahn sagte, die Ärzteorganisationen hätten in den "nächsten Wochen" Zeit, selbst aktiv gegen die Missstände vorzugehen. Wenn sich nichts tue, könne die Bundesregierung aktiv werden. Es sei möglich, noch vor der Bundestagswahl eine Verschärfung der entsprechenden Gesetze durchzusetzen.
Die Ärzte lassen den Vorwurf der Bestechlichkeit nicht auf sich sitzen und starten einen Gegenangriff. Der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, warf den Krankenkassen "schieren Populismus" vor. Deren Spitzenverband hatte eine Haftstrafe von bis zu drei Jahren für korrupte Mediziner gefordert. Im neu aufgedeckten Organspendeskandal in Leipzig gibt es bislang keine Hinweise darauf, dass Geld an Ärzte gezahlt wurde, damit sie ihre Patienten kränker einstuften, als sie waren.
Montgomery sagte, nur sehr wenige Ärzte seien wirklich bestechlich. "Es wird ja immer nur mit Dunkelziffern, mit Vermutungen, mit Schätzungen argumentiert", kritisierte der Kammerpräsident im ARD-"Morgenmagazin". Die allerwenigsten Fälle würden einen Strafrahmen von drei Jahren Gefängnis rechtfertigen. "Hier handelt es sich um schieren Populismus, mit dem die Krankenkassen von ihren eigenen Problemen abzulenken versuchen und uns Ärzte an den Pranger stellen wollen", sagte Montgomery.