Westerwelle: Nationale Koalition legitimer Vertreter der Syrer. Weitere Botschaftsmitarbeiter des Assad-Regimes ausgewiesen.
Brüssel. Mit der Anerkennung der syrischen Oppositionsbewegung als legitimer Vertreter des Volkes will die EU den Sturz von Staatschef Baschar al Assad beschleunigen. Die Nationale Koalition sei politisch aufgewertet worden, sagte Bundesaußenminister Guido Westerwelle (FDP) nach Beratungen mit seinen EU-Kollegen am Montag in Brüssel. Das sei ein „klares Signal der EU“ an alle Syrer und werde dazu beitragen, dass „der Erosionsprozess fortgesetzt wird“.
Der Präsident der Nationalen Koalition, Muas al Chatib, hatte den Ministern in Brüssel Rede und Antwort gestanden – und Westerwelle zeigte sich im Anschluss überzeugt: „Es gibt eine Alternative zum Assad-Regime, eine pluralistische Perspektive für ganz Syrien.“ Er nannte das Sammelbecken eine „Koalition der Vielfalt“, die auch unterschiedliche religiöse und ethnische Gruppen vertrete.
Am Mittwoch treffen sich die sogenannten Freunde Syriens in Marrakesch, dazu gehören auch die USA. Er erwarte von dem Termin das gleiche Signal wie aus der EU, sagte Westerwelle.
Schwedens Außenminister Carl Bildt warnte, die Lage in Syrien sei sehr besorgniserregend. Angesichts der Bestände an chemischen Waffen sei ein Chaos extrem gefährlich. Tatsächlich gerät das Regime in Damaskus immer weiter in die Defensive. Aufstände eroberten laut Aktivisten nach wochenlangen Kämpfen Teile eines Militärstützpunkts im Norden des Landes. Die Rebellen seien am Sonntag in die Basis Scheik Suleiman westlich von Aleppo eingerückt, berichtete die in Großbritannien ansässige Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte.
Um Staatschef al Assad weiter zu isolieren, lies Westerwelle am Montag vier weitere syrische Botschaftsmitarbeiter ausweisen. Nur noch die Geschäftsträgerin und ein Mitarbeiter dürfen bleiben.
Brüssel stockt zudem die humanitäre Hilfe um 30 Millionen auf 126 Millionen Euro auf, wie die EU-Kommission am Montag mitteilte. Mit dem Paket sollten rund zwei Millionen Menschen in Syrien und eine beträchtliche Zahl der mehr als 474.000 über die Grenzen geflohenen Syrer unterstützt werden. Der britische Außenminister William Hague forderte zudem, die Aufständischen müssten umfassender als bislang mit Kommunikationstechnick ausgerüstet werden. Dazu gab es aber am Montag keine Beschlüsse.
Im Nahost-Konflikt drangen die Minister auf einen Neustart des Friedensprozesses – und übten ungewohnt scharfe Kritik an Israel. Über die Pläne, die Siedlungen im Westjordanland und in Ost-Jerusalem auszuweiten, sei die EU „tief bestürzt“ und „stark dagegen“, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. Insbesondere der Plan, das Gebiet E1 zu bebauen, würde eine Zweistaatenlösung mit einem lebensfähigen Palästina untergraben. Die Minister betonten, dass die Siedlungen illegal seien und den Frieden behinderten.
Nach Aufwertung der palästinensischen Autonomiebehörde zum Beobachterstaat bei den Vereinten Nationen hatte Israel die Ausweitung des Siedlungsbaus angekündigt – was die Fronten abermals verhärtete. „Es ist dringend notwendig, von Israelis und Palästinensern eine Rückkehr zu Verhandlungen zu erreichen“, sagte der britische Außenminister Hague.
Einen konkreten Schritt machten die Minister in Richtung einer Militärmission in Mali: Sie billigten das sogenannte Kriseneinsatzkonzept. Die EU-Länder wollen die unter Druck geratenen Regierungstruppen mit Militärausbildern gegen die Rebellen im Norden des afrikanischen Staates stützen. Bis zu 250 Ausbilder sind vorgesehen – und Deutschland hat eine Beteiligung in Aussicht gestellt. Wann genau der Einsatz startet, wurde am Montag noch nicht festgelegt. Laut Diplomaten wird mit dem Beginn im ersten Quartal nächsten Jahres gerechnet.
Mali ist nach einem Putsch im März ins politische Chaos gestürzt. Säkulare Tuareg-Kämpfer und islamistische, mit der Terrororganisation Al-Kaida verbundene Gruppen vertrieben im Norden des Landes die regulären Streitkräfte und übernahmen dort die Kontrolle. Dann setzten sich innerhalb der Aufständischen die Islamisten durch und vertrieben die Tuareg aus allen größeren Orten. Die EU will sich auf die Ausbildung der Regierungstruppen konzentrieren, sich aber nicht an einer Militärintervention beteiligen. Diese wird von westafrikanischen Truppen vorbereitet.