Vor dem Parteitag gibt es parteiinternen Streit. Merkel sperrt sich nicht vor offener Debatte. Auch Rente für Mütter in der Diskussion.
Hannover. Unmittelbar vor dem Bundesparteitag der CDU hat sich der parteiinterne Streit über die steuerliche Gleichbehandlung von Homo-Ehen verschärft. Spitzenpolitiker der Partei sprachen sich für eine steuerliche Gleichstellung aus. Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel sperrte sich am Montag beim traditionellen Hallenrundgang vor dem Parteitag in der Messe Hannover nicht gegen eine offene Debatte zu diesem Thema. Ihr sei es „außerordentlich recht“, wenn auf dem CDU-Bundesparteitag über das Thema diskutiert werde, sagte Merkel.
In der CDU wird heftig darüber gestritten, ob homosexuellen Paaren im Steuerrecht gleiche Rechte einzuräumen sind wie anderen Ehepaaren. Eine Gruppe um den Berliner CDU-Bundestagsabgeordneten Jan-Marco Luczak beantragt für den Parteitag eine steuerrechtliche Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften. „Das Entscheidende ist, dass die CDU gesellschaftliche Realitäten anerkennen muss“, mahnte Luczak in der „Berliner Zeitung“.
Merkel hingegen hatte sich am Wochenende für ein Festhalten an der steuerlichen Privilegierung der Ehe beim Splittingtarif ausgesprochen. In Hannover sagte Merkel, sie sei jemand, der gerne Diskussionen führe. „Mir ist es absolut recht, wenn ich ein Votum eines Parteitages mit in meine politische Arbeit nehme“, sagte sie.
Andere CDU-Spitzenpolitiker sind da in ihrer Meinungsbildung schon weiter. Verteidigungsminister Thomas de Maizière sagte der „Sächsischen Zeitung“: „Die Ablehnung der kompletten steuerlichen Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften wird nach meiner Vermutung vor dem Bundesverfassungsgericht keinen Bestand haben.“ Die CDU solle daher „politisch sagen, dass wir eine Besserstellung der Familien wollen“.
Auch die Vorsitzenden der Landesverbände Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg, Julia Klöckner und Thomas Strobl – die in Hannover als Vize-Vorsitzende kandidieren – plädierten für eine steuerliche Gleichstellung. „Mir fällt es schwer, rational zu erklären, warum homosexuelle Paare die gleichen Pflichten übernehmen sollen, so wie es Ehepaare auch tun, aber die Rechte dafür nicht bekommen“, sagte Klöckner in Hannover.
Strobl sagte den „Stuttgarter Nachrichten“: „Wir sollten kein bestimmtes Familienmodell für verbindlich erklären. Wenn Menschen ein Leben lang, in guten wie in schlechten Zeiten, füreinander Verantwortung übernehmen, sollten wir das unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung anerkennen. Ich glaube auch, dass das Bundesverfassungsgericht diesen Weg gehen wird.“
Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) wandte sich gegen eine steuerliche Gleichstellung. Das Grundgesetz schütze Ehe und Familie in besonderem Maße, daher sei die steuerliche Bevorzugung gerechtfertigt. Der Wahlkämpfer – in Niedersachsen wird im Januar gewählt – sprach sich in Hannover dafür aus, das Ehegattensplitting zu einem Familiensplitting weiterzuentwickeln.
Der Chef der Jungen Union, Philipp Mißfelder, warnte davor, das Thema „hochzujazzen“. Vielmehr solle in Ruhe das Urteil des Bundesverfassungsgerichts abgewartet werden. „Dann haben wir als Gesetzgeber noch genügend Zeit, auf das Thema zu reagieren“, sagte der CDU-Politiker.
CSU-Chef Horst Seehofer riet der CDU bei dem Streitthema zu Gelassenheit. Die Debatte schade der Union „überhaupt nicht“. Er fügte am Montag in München hinzu: „Solche Dinge, die im Raum stehen, müssen ausdebattiert werden, entschieden werden – und dann müssen sich alle Leute danach richten.“
Merkel zeigte sich auch offen für das zweite heiße Eisen, das auf dem CDU-Parteitag angefasst werden soll: Höhere Renten für Mütter, die vor 1992 Kinder bekommen haben. „Ja, wir müssen hier ein Zeichen setzen“, sagte Merkel. In der Debatte müsse man auf der einen Seite die Situation der Frauen, auf der anderen Seite aber auch die Finanzen im Blick haben.
Die Frauen Union will in Hannover „für die Verbesserung der Kindererziehungszeiten in der Rente kämpfen“, wie die FU-Vorsitzende Maria Böhmer in der „Süddeutschen Zeitung“ bereits ankündigte. Ein reiner Prüfauftrag, wie ihn die CDU-Spitze beschließen lassen wolle, reiche der Frauen Union nicht.
Mißfelder sagte, dies sei ein wichtiges und drängendes Problem. Allerdings warne er als Chef der Jungen Union davor, „dass wir uns weitere sozialpolitische Leistungen aufbürden, die wir nicht bezahlen können. Jeder Vorschlag muss gegenfinanziert sein.“
Auch Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier mahnte, man dürfe keine „Hoffnungen wecken, die wir nicht erfüllen können“. Nur wenn ganz klar gesichert sei, wie die Finanzierung aussehe, können man dem zustimmen. Er plädiere daher eher dazu, „alles so zu lassen wie es ist“.
Der 25. CDU-Bundesparteitag begann am Montag mit vorgeschalteten Gremiensitzungen. Im Mittelpunkt der dreitätigen Parteiversammlung steht am Dienstag die Neuwahl des Vorstandes. Die CDU-Vorsitzende Merkel stellt sich zur Wiederwahl. Sie ist seit April 2000 CDU-Vorsitzende, ihre Bestätigung gilt als sicher.