Der wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung angeklagte Berliner hat sich am Mittwoch vor Gericht kooperativ gezeigt.
Berlin. Im Prozess wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen Terrorgruppe hat sich ein angeklagter Berliner von seiner radikalen Gesinnung distanziert. Er sei bereit, alle Fragen der Richter zu beantworten, erklärte der mutmaßliche Ex-Taliban-Kämpfer am Mittwoch vor dem Kammergericht Berlin. In der Verhandlung wurden zunächst die Protokolle der richterlichen Vernehmungen verlesen, in denen er die Vorwürfe bereits gestanden hatte. „Es war schwer einzusehen, dass ich mich komplett geirrt habe“, hatte der 27-Jährige demnach eingeräumt.
Von Dezember 2009 bis Juli 2010 soll der zum Islam konvertierte Deutsche der Terrorgruppe „Deutsche Taliban Mujahideen“ (DTM) angehört haben. Deren Ziel soll es gewesen sein, Afghanistan von den „ungläubigen Besetzern zu befreien“. Der Anklage nach war er im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet im Umgang mit Schusswaffen und Sprengstoff ausgebildet worden und an einem Anschlag auf eine Militärbasis im Dezember 2009 beteiligt. Außerdem soll er in Internetbotschaften den militanten Jihad verherrlicht und ab März 2010 in Deutschland per E-Mail, um Unterstützung für die Terrorgruppe geworden haben.
In der richterlichen Vernehmung hatte sich der Sohn ungarischer Eltern bereits detailliert zu den Gründen seiner Ausreise aus Deutschland und zur Abkehr vom radikalen Islamismus geäußert. Zugleich hatte er über sein Leben bei den Mujahideen und die Arbeit der Terrorgruppe berichtet. Seinen Angaben nach war er gemeinsam mit seiner Ehefrau ausgewandert, um in Afghanistan die Terrorgruppe zu unterstützen. Er habe den Worten eines Mujahideen vertraut, hieß es. Die für die Reise erforderlichen 5.000 Euro habe er sich durch Betrugstaten verschafft.
Der Angeklagte gestand, vor Ort im Umgang mit Waffen und Handgranaten geschult worden zu sein, an Schießübungen teilgenommen und bei Propaganda-Videos der DTM mit gemacht zu haben. Seine Beteiligung an einem Anschlag auf einen Nato-Stützpunkt hat der 27-Jährige allerdings bestritten.
Nach einem Angriff der pakistanischen Armee im Januar 2010, bei dem drei Menschen getötet wurden, habe er entschieden, „nicht an Kampfhandlungen teilzunehmen“. „Ich hatte Angst. Ich wollte so schnell, wie möglich weg“, hieß es. Die beschwerliche Rückreise und ein mögliches Strafverfahren in Deutschland hätten ihn aber noch zögern lassen. Am Ende sei er nur noch frustriert und gestresst gewesen.
Der Angeklagte wurde schließlich im September 2010 in der Türkei verhaftet und im Mai dieses Jahres an die deutschen Behörden überstellt. Seit einigen Wochen ist der Vater eines Sohnes unter strenge Auflagen auf freiem Fuß. „Meine Einstellung hat sich verändert“, bekundete er in der richterlichen Vernehmung. Er habe sich von Bart und Kleidung getrennt, sein Sohn sei nicht beschnitten und auch seine Frau würde sich heute „wie jeder andere normale Mensch kleiden“. Der Prozess wird am 14. November fortgesetzt.