Transparency fordert Details zu Nebeneinkünften. Nach Ansicht von „Abgeordnetenwatch.de” hat Steinbrück sein Mandat vernachlässigt.

Berlin. Die millionenschweren Vortragshonorare von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück sorgen weiter für Zündstoff. Die Grünen im Bundestag sowie die zivilgesellschaftlichen Organisationen Transparency und Abgeordnetenwatch fordern, dass der Ex-Finanzminister die Geldgeber seiner Nebeneinkünfte von rund 1,25 Millionen Euro detailliert offenlegt.

Steinbrück will am Dienstag erläutern, wie er nach seiner Amtszeit als Minister mit Fachvorträgen zum Honorarmillionär geworden ist. Der „Bild“ zufolge hat der SPD-Politiker in den Jahren 2009 bis 2012 für Vorträge unter anderem bei Banken und Versicherungen rund 1,25 Millionen Euro an Honoraren bekommen. Er hielt demnach 89 bezahlte Vorträge und kassierte dafür jeweils zwischen 1.000 und 25.000 Euro. Durchschnittlich seien es 14.065 Euro gewesen. Zu diesem Ergebnis kam laut „Bild“ ein vom SPD-Kanzlerkandidaten selbst beauftragter Wirtschaftsprüfer.

Die Transparency-Vorsitzende Edda Müller sagte am Dienstag im ZDF-„Morgenmagazin“, das Versteckspiel müsse ein Ende haben. Nur eine genaue Veröffentlichung der Auftraggeber könne die Gefahr von Befangenheit abwenden und die Unabhängigkeit von Abgeordneten sichern. Die hohe Zahl von Steinbrücks Vorträgen sei „erstaunlich, aber legitim“.

Zugleich betonte sie, das Mandat als Abgeordneter dürfe nicht unattraktiv werden. „Wir wollen keine Neiddebatte und keinen gläsernen Abgeordneten.“ Transparency fordere zum Beispiel ausdrücklich nicht die Offenlegung von Steuererklärungen und des Privatvermögens.

„Das hat schon ein Geschmäckle“

Gregor Hackmack, Mitgründer der Online-Plattform „Abgeordentenwatch.de“, sagte der „Passauer Neuen Presse“: „Wer 89 hoch bezahlte Reden hält und in der gleichen Zeit nur fünf Reden im Bundestag, hat sein Abgeordnetenmandat vernachlässigt.“ Es bestehe ein Missverhältnis, wenn Nebeneinkünfte wie im Fall Steinbrück ein Vielfaches der Abgeordnetendiäten ausmachten. „Man fragt sich, wem gegenüber ein Abgeordneter dann loyal ist.“

Nun müsse abgewartet werden, ob Steinbrück alle Auftraggeber klar benenne und die jeweiligen Summen veröffentliche. Als problematisch sieht Hackmack insbesondere einen Vortrag bei der Wirtschaftskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer im Jahr 2011, da die Kanzlei zu Steinbrücks Zeiten als Bundesfinanzminister vom Finanzministerium damit beauftragt worden war, den Entwurf des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes auszuarbeiten. „Das hat schon ein Geschmäckle“, sagt Hackmack.

Grundsätzlich sollten die Abgeordneten nach seiner Meinung insgesamt ihre Nebeneinkünfte auf Euro und Cent veröffentlichen. Das neue Zehnstufenmodell, dass die schwarz-gelbe Koalition befürwortet, sei nicht ausreichend. „Ein Mann wie Ex-Forschungsminister Heinz Riesenhuber (CDU) kann nach dem Modell immer noch ein Drittel seiner Einkünfte hinter den Stufen verstecken“, sagte er.

Bislang müssen die Abgeordneten Einkünfte für jede einzelne Tätigkeit anzeigen, sofern sie mehr als 1.000 Euro im Monat beziehungsweise 10.000 Euro im Jahr betragen. Die Angaben werden in Stufen veröffentlicht. Die erste Stufe erfasst einmalige oder regelmäßige monatliche Einkünfte von 1.000 bis 3.500 Euro, die zweite Stufe bis 7.000 Euro und die dritte Stufe über 7.000 Euro.

Nach dem Willen der Regierungskoalition aus Union und FDP soll es künftig zehn Stufen geben. Gleich bleiben sollen danach die ersten drei Stufen. Dann folgen Einkünfte bis 15.000, 30.000, 50.000, 75.000, 100.000, 150.000, 250.000 und über 250.000 Euro.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen im Bundestag, Volker Beck, sagte der „Frankfurter Rundschau“, Steinbrücks Auflistung zeige, wie ungenau die bestehende Regelung zur Offenlegung von Nebeneinkünften sei. Dadurch könne man auch nicht einschätzen, ob Steinbrück einsam an der Spitze der Top-Verdiener im Bundestag stehe oder andere Abgeordnete.

Skepsis bei der SPD-Linken

Der Koordinator der Linken im SPD-Parteivorstand, Ralf Stegner, sieht die Höhe der Nebeneinkünfte von Kanzlerkandidat Peer Steinbrück kritisch. „Es ist natürlich klar, dass auch die meisten Parteimitglieder eine solch hohe Summe immer skeptisch sehen werden“, sagte Stegner, der auch Fraktionschef in Schleswig-Holstein ist, der Zeitung „Die Welt“.

Insgesamt unterstützt Stegner den Kanzlerkandidaten: „Steinbrück hat sich an Recht und Gesetz gehalten.“ Zudem sei Steinbrück „keiner, der Leuten mit Geld nach dem Mund redet“.