Der SPD-Fraktionschef pochte vehement darauf, dass man kein Geld darauf verschwenden dürfe, dass Kinder zuhause bleiben.
Berlin. Die Opposition hat eindringlich vor den Folgen des Betreuungsgeldes gewarnt. SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier nannte das schwarz-gelbe Projekt am Donnerstag im Bundestag eine „verhängnisvolle Weichenstellung“ im Bildungssystem. „Das, was Sie da vorbereiten, ist eine bildungspolitische Katastrophe“, sagte Steinmeier an die Adresse der Regierung gerichtet. Die Union verteidigte das Betreuungsgeld, die FDP forderte Nachbesserungen an dem Gesetzentwurf.
Hintergrund ist das vor allem von der CSU verfolgte Ziel, mit der Einführung eines Betreuungsgeldes Eltern zu unterstützen, die für die Betreuung ihrer Kinder keine Kindertagesstätten nutzen. Das Vorhaben ist auch innerhalb der Koalition umstritten. Eine Einigung zum Betreuungsgeld könnte auf dem für Anfang November geplanten Koalitionsgipfel nach jahrelanger Diskussion beschlossen werden. Kritiker befürchten, dass vor allem sozial schwache Eltern zulasten der Bildung ihrer Kinder auf die staatlichen Einrichtungen verzichten könnten. Die SPD erwägt, gegen das Gesetz in Karlsruhe zu klagen.
Das Betreuungsgeld sei „Geldverschwendung“ und setze falsche Anreize, sagte Steinmeier in der Aktuellen Stunde weiter und forderte von der Regierung: „Hört damit auf, Geld auszugeben, damit Kinder zu Hause bleiben.“ Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Renate Künast, betonte die Bedeutung der frühkindlichen Bildung und verlangte ein sofortiges Ende des Projekts. „Der Kindergarten hat einen Bildungsauftrag“, sagte Künast. Ferner warf sie der Regierung vor, das Gesetz lediglich beschließen zu wollen, um die schwarz-gelbe Koalition zu „retten“.
Linksfraktionschef Gregor Gysi kritisierte in der Debatte das Frauenbild der Union: „Das ist 19. Jahrhundert, das hat mit dem 21. Jahrhundert nichts mehr zu tun.“ Gysi verlangte zudem einen Ausbau der Kinderbetreuung, damit Mann und Frau sich gleichberechtigt beruflich fortentwickeln könnten. Er verwies auch auf Umfragen, wonach eine deutliche Mehrheit der Deutschen ein Betreuungsgeld ablehne.
Die FDP kündigte an, das Projekt mitzutragen, pochte aber weiter auf Verbesserungen des Gesetzentwurfs. „Wir wollen, dass eine solide Finanzierung erreicht wird“, sagte Bildungsexperte Patrick Meinhardt. Zudem plädierte er dafür, im Zuge des Betreuungsgeldes auch ein System zum Bildungssparen einzuführen.
Meinhardt warf der SPD, namentlich Steinmeier und Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, vor, sich „in die Büsche zu schlagen“. In der Zeit der Großen Koalition hätten beide Sozialdemokraten für ein Betreuungsgeld gestimmt.
CSU-Rechts- und Familienexperte Norbert Geis verteidigte das Vorhaben vehement. Allerdings distanzierte er sich von der Bezeichnung Betreuungsgeld. „Früher haben wir dazu Erziehungsgeld gesagt“, sagte Geis. Die schwarz-gelbe Koalition wolle „die Erziehungsleistung aller Eltern unterstützen“. Der CSU-Politiker widersprach zugleich dem Vorwurf der Opposition, das Betreuungsgeld sei verfassungswidrig. Dabei berief er sich auf den Artikel Sechs des Grundgesetzes. „Wahlfreiheit kann nicht verfassungswidrig sein“, sagte Geis. Die Koalition schließe jetzt eine „Gerechtigkeitslücke“ bei der Erziehung.
Die CSU-Politikerin Daniela Ludwig stellte infrage, inwieweit die von der FDP geforderte Bildungskomponente zweijährigen Kindern nutzen könne. Sie erwarte mit Spannung die Vorschläge der Liberalen, sagte sie. Der CDU-Abgeordnete Markus Grübel kündigte an, die Koalition werde in „naher Zukunft den Gesetzentwurf hier im Deutschen Bundestag zu einem guten Abschluss bringen“. Er rief den Abgeordneten auf den Oppositionsbänken zu: „Ich habe die Hoffnung aufgegeben, dass wir sie durch Sachargumente noch überzeugen können.“