Fritz Kuhn erhielt bei der OB-Wahl in Stuttgart 52,9 Prozent der Stimmen und hat die 38 Jahre währende Vorherrschaft der CDU gebrochen.
Stuttgart/Berlin. Am Sonntag hatten die Stuttgarter Bürger den Grünen-Bundestagsabgeordneten Fritz Kuhn zu ihrem nächsten Oberbürgermeister gewählt. Er erhielt 52,9 Prozent der Stimmen und lag damit vor seinem Gegenspieler Sebastian Turner, dem parteilosen Kandidaten von CDU, FDP und Freien Wählern, der 45,3 Prozent der Stimmen erhielt. Damit wird zum ersten Mal in Deutschland eine Landeshauptstadt von einem Grünen-Stadtoberhaupt geführt.
Trittin nach Stuttgarter OB-Wahl: Grüne kein Anhängsel
Nach der Wahl des Grünen-Politikers Fritz Kuhn zum Stuttgarter Oberbürgermeister rät der Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Jürgen Trittin, seiner Partei zu mehr Selbstbewusstsein. Die Grünen könnten aus dem Sieg lernen, dass sie sich nicht als „Anhängsel“ von jemandem darstellen, sondern eigenständig und selbstbewusst ihren Weg gehen sollten. „Die Alternative zur CDU ist Grün“, sagte er im am Montag im MDR-Info. Die CDU unter Führung von Kanzlerin Angela Merkel habe nun erneut eine Wahl verloren, wie zuvor schon elf Landtagswahlen.
In Stuttgart hätten die Grünen offensichtlich geschafft, „die kulturelle Hegemonie der CDU über die Stadt nachhaltig zu erschüttern – durch eine Kraft der linken Mitte“, sagte Trittin.
Schlauch sieht Grünen-Sieg bei Stuttgarter OB-Wahl als Zeitenwende
Nach Ansicht des Ex-Grünen-Politikers Rezzo Schlauch ist der Wahlsieg des Bundestagsabgeordneten Fritz Kuhn eine politische Zeitenwende. „Es war ein langer, langer Weg, es war ein langer Kampf“, sagte Schlauch am Montag im Bayerischen Rundfunk.
Das Spezifikum der baden-württembergischen Grünen sei immer die Strategie gewesen, nicht nur Stimmen zwischen Rot und Grün hin- und herzuschieben, sondern „in das Herz der Konservativen“ zu treffen und sogenannte bürgerliche Wähler anzusprechen, sagte Schlauch.
Schlauch war 1996 selbst als OB-Kandidat der Grünen in Stuttgart angetreten und hatte knapp gegen den CDU-Kandidaten Wolfgang Schuster verloren.
Grünen-Chefin Roth wertet Kuhns Wahlsieg als bundesweiten Trend
Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth sieht den Sieg ihres Parteifreundes Fritz Kuhn bei der Oberbürgermeisterwahl als „riesengroßes Signal weit über Stuttgart und Baden-Württemberg hinaus“. Mit Blick auf das Wahljahr 2013 sei dies „ein Trend, der sich fortsetzt“, sagte Roth am Montag dem Fernsehsender Phoenix. Die Grünen gingen nun mit Rückenwind in das Bundestagswahljahr und die Landtagswahlen von Niedersachsen und Bayern. Baden-Württemberg sei auch ein Beispiel dafür, „was in Bayern möglich wäre“, sagte Roth. „Der liebe Gott hat Bayern nicht der CSU geschenkt.“
CDU-Bürgermeisterin: Wahlschlappe nicht schönreden
Die Schlappe der CDU bei der Stuttgarter OB-Wahl ist aus Sicht von Schulbürgermeisterin Susanne Eisenmann (CDU) nicht schönzureden. „Das Wahlergebnis entspricht nicht unseren Vorstellungen. Die CDU wird sich überlegen müssen, wie sie sich personell und inhaltlich weiterentwickelt“, sagte sie am Sonntagabend. Der von der CDU nominierte Sebastian Turner (parteilos) war bei der Stuttgarter OB-Wahl dem Grünen-Politiker Fritz Kuhn deutlich unterlegen. „Die CDU tritt nicht an, um Wahlen zu verlieren“, sagte die Christdemokratin, die selbst als Kandidatin im Gespräch war.