Steinbrück fordert Merkel: Die SPD hat ihre K-Frage früher als erwartet geklärt. Parteichef Gabriel nominierte den früheren Finanzminister.
Berlin/Köln. Die Mehrheit der Deutschen hält Peer Steinbrück laut einer Blitzumfrage für die ARD-„Tagesthemen“ für einen guten Kanzlerkandidaten. Demnach finden 58 Prozent, Steinbrück sei ein guter Kanzlerkandidat für die SPD. 21 Prozent sind nicht dieser Meinung. Bei den SPD-Anhängern ist die Zustimmung für Steinbrück noch größer: 75 Prozent halten ihn für einen guten Kanzlerkandidaten, 15 Prozent nicht.
Wenn die Deutschen die Bundeskanzlerin oder den Bundeskanzler direkt wählen könnten, läge Kanzlerin Angela Merkel allerdings klar vor ihrem SPD-Herausforderer. Laut ARD-„DeutschlandTrend“ würden sich 50 Prozent für Merkel entscheiden, 36 Prozent für Steinbrück.
In den Punkten Sympathie und Glaubwürdigkeit rangiert Merkel vor Steinbrück. Ein Drittel der Befragten (35 Prozent) ist der Meinung, dass Merkel die Euro- und Schuldenkrise besser bewältigen kann als der ehemalige Finanzminister (25 Prozent). Dagegen liegt Steinbrück beim Thema soziale Gerechtigkeit vorn. 40 Prozent finden, dass Steinbrück sich stärker für soziale Gerechtigkeit einsetzt, 24 Prozent denken dies über Merkel.
Die SPD hatte ihre K-Frage am Freitag deutlich früher als erwartet geklärt: Parteichef Sigmar Gabriel nominierte öffentlich den früheren Finanzminister Peer Steinbrück als Kanzlerkandidaten und Herausforderer von Merkel.
Am Montag wird der SPD-Vorstand zu einer Sondersitzung zusammentreten, um Steinbrück offiziell zu küren. Am 9. Dezember soll ihn dann ein Sonderparteitag in Hannover zum Kanzlerkandidaten wählen. Ursprünglich wollte die SPD die K-Frage frühestens zum Jahreswechsel entscheiden. In der Partei sei aber in den vergangenen Monaten der Wunsch nach einer vorgezogenen Klärung der Kanzlerkandidatur „unübersehbar“ geworden, sagte Gabriel: „Das kann und darf einen SPD-Parteivorsitzenden nicht unbeeindruckt lassen.“
„Der beste Kanzler“ für Deutschland
Gabriel erläuterte, für ihn habe schon seit dem Frühjahr 2011 festgestanden, dass nicht er, sondern Steinbrück oder der Fraktionsvorsitzende Frank-Walter Steinmeier die SPD in die Bundestagswahl 2013 führen würden. „Frank-Walter Steinmeier hat mir vor etwa vier Wochen mitgeteilt, dass eine erneute Kandidatur für ihn ausgeschlossen sei. Peer Steinbrück hat mir zum gleichen Zeitpunkt mitgeteilt, dass er zur Verfügung stehe, wenn ich ihn vorschlagen würde“, sagte der SPD-Chef.
Die SPD werde im Wahlkampf ein „neues soziales Gleichgewicht“ und eine „Bändigung der Finanzmärkte“ fordern, kündigte Gabriel an. „Für dieses Ziel und diese Aufgabe ist Peer Steinbrück der beste Kanzler, den Deutschland finden kann. Und deshalb ist er der beste Kanzlerkandidat der SPD.“ Zum parteiinternen Rentenstreit kündigte Gabriel für kommenden Montag einen Vorschlag an, „wie die SPD in den kommenden Jahren ein weiteres Absinken des Rentenniveaus bis 2030 auf 43 Prozent verhindern wird“.
Wahlkampf kann „Spaß machen“
Steinbrück sagte auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Gabriel und Steinmeier, er sei sich der Herausforderung als Kanzlerkandidat sehr bewusst: „Wir wollen diese Bundesregierung ablösen. Wir wollen, dass sie durch eine rot-grüne Regierung ersetzt wird“. Er werde zu „200 Prozent versuchen, ein Wahlergebnis zu holen, das uns in eine strategische Position bringt, die nächste Bundesregierung zu bilden“.
Der designierte Kanzlerkandidat betonte: „Ein solcher Wahlkampf kann auch Spaß machen.“ Hier werde er sich ein Beispiel am Ex-SPD-Kanzler Gerhard Schröder nehmen.
Eine „persönliche Entscheidung“
Steinmeier kündigte an: „Ich werde mich in diesem Wahlkampf so engagieren, als wäre es mein eigener.“ Er habe sich bereits „vor einiger Zeit“ entschlossen, nicht zur Verfügung zu stehen. Dies sei eine „persönliche Entscheidung“ gewesen, „die mit aktuellen inhaltlichen Klärungen nichts zu tun hat“.
Nach dem aktuellen ZDF-Politbarometer werden Steinbrück innerhalb des „Troika-Trios“ noch die besten Chancen gegen CDU-Chefin Merkel eingeräumt. Aber auch er liegt zurzeit deutlich hinter der Kanzlerin zurück. Für Steinbrück als Kanzler sprechen sich im direkten Vergleich 36 Prozent aus, für Merkel dagegen 53 Prozent der Befragten.
Die Bundeskanzlerin reagierte am Freitag demonstrativ gelassen. Sie habe „überhaupt keine Vorlieben, was ihren Gegenkandidaten betrifft“, sagte ihr Sprecher Steffen Seibert. Merkel werde mit ihrer erfolgreichen Regierungsbilanz in den Bundestagswahlkampf 2013 ziehen und ein schlüssiges Zukunftskonzept für Deutschland präsentieren.
Mit Material von dpa und dapd