Helmut Kohl besuchte erstmals seit zehn Jahren die Unionsfraktion. „Wir müssen den Frieden in Europa bewahren“, mahnte der Altkanzler.
Berlin. Bei seinem ersten Besuch in der Unionsfraktion seit zehn Jahren hat Altkanzler Helmut Kohl in einem eindringlichen Appell für mehr Gemeinsamkeit in Europa geworben. „Wir brauchen die Bereitschaft zum Miteinander. Wir können die Zukunft nur gemeinsam gewinnen“, sagte der ehemalige CDU-Vorsitzende nach Teilnehmerangaben am Dienstag vor der Unionsfraktion in Berlin. „Wir müssen den Frieden in Europa bewahren“, mahnte Kohl und betonte die Erfolge der Fraktion und seiner Partei.
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) sagte im Anschluss an die Sitzung, Kohl sei eine „große Persönlichkeit der Geschichte“. Er sei froh, dass der Besuch in der Fraktion zustande gekommen sei. Der CSU-Abgeordnete Peter Gauweiler kritisierte in der ARD, Kohl sei von seiner Partei in der Spendenaffäre „zu hart behandelt worden“. Er habe aber die „Größe, darüber hinweg zu sehen und hierher zu kommen“.
Kohl und Schäuble gehen sich aus dem Weg
Die Unionsabgeordneten würdigten den 82-Jährigen anlässlich des 30. Jubiläums seiner Kanzlerwahl am 1. Oktober 1982 und empfingen ihn mit minutenlangem Applaus. Der Empfang habe ihm große Freude bereitet, sagte Kohl den Angaben zufolge. Seine Heimat sei die CDU/CSU-Fraktion, sei das Parlament. Kohl sprach dem Vernehmen nach deutlich und wich auch von seinem Manuskript ab. Der ehemalige CDU-Vorsitzende sitzt seit längerer Zeit im Rollstuhl.
Am Donnerstag feiert die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung Kohl mit einer Veranstaltung in Berlin. Dort werden neben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auch der ehemalige EU-Kommissionspräsident Jacques Delors und der Mainzer Bischof Karl Kardinal Lehmann sprechen. Kohl will sich mit einem Dankeswort an die Gäste wenden.
Bereits am Mittwoch veranstaltet die Unionsfraktionsspitze einen Geburtstagsempfang für Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) anlässlich seines 70. Geburtstages. Kohl war ebenfalls eingeladen, hatte seine Teilnahme jedoch abgesagt. Zwischen ihm und Schäuble war es wegen der CDU-Spendenaffäre zum Zerwürfnis gekommen. Der Finanzminister war am Dienstag nicht in der Fraktion, sondern bei einer Konferenz in Finnland.
Blüm würdigt Kohl als herausragenden Staatsmann
Der frühere Weggefährte und Vertraute Kohls, Norbert Blüm (CDU), wartet nach dem Streit wegen der Parteispendenaffäre seit Jahren auf einen Anruf des Altkanzlers und eine späte Versöhnung. Der langjährige Arbeitsminister im Kabinett Kohl sagte im Deutschlandfunk, den letzten persönlichen Kontakt zu Kohl habe er an jenem Tag gehabt, als das CDU-Präsidium die Entscheidung getroffen habe, dass dieser den CDU-Ehrenvorsitz ruhen lassen sollte. Das war vor rund zwölf Jahren, am 18. Januar 2000. Damals legte Kohl den Ehrenvorsitz nieder.
Blüm sagte, nach der Entscheidung im Präsidium habe er abends noch versucht, mit Kohl zu reden. „An der Entscheidung habe ich ja teilgenommen. Auf den Rückruf warte ich bis heute, auf den zugesagten Rückruf.“ Er würdigte Kohl zugleich als einen herausragenden Staatsmann. Er habe „großen Respekt vor seiner Lebensleistung“ und blicke mit Hochachtung auf die 16 Jahre zurück, die er mit ihm in der Regierung verbracht habe.