Berlin. Es wird die Bewährungsprobe für Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP): Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik wollen die niedergelassenen Ärzte flächendeckend streiken, sollte es bei dem Schlichterspruch zu den Ärztehonoraren bleiben. Danach bekommen die Praxen ab kommendem Jahr durchschnittlich 1800 Euro mehr - zu wenig für den Erhalt einer guten Grundversorgung in Deutschland, argumentieren die Ärzte. Sie hatten 3,5 Milliarden Euro mehr an Honoraren verlangt, was nach Angaben der Kassen ein unbezahlbares Plus von 20 000 Euro pro Arzt und Jahr bedeutet hätte.
Vor dem Hintergrund des Streits forderten gut ein Dutzend Ärzteverbände Bahr am Wochenende auf, den Schlichterspruch zu kippen. "Wenn dieser Beschluss nicht revidiert wird, wird es zu Protestaktionen bisher nicht bekannten Ausmaßes in der Bundesrepublik kommen", sagte Dirk Heinrich, der Vorsitzende des Verbandes der niedergelassenen Ärzte (NAV-Virchow-Bund).
Wenngleich Streiks erst in einigen Wochen starten sollen, könnte es schon morgen zu ersten Aktionen kommen. Patienten mit Durchfallerkrankungen, Fieber oder Krupphusten könnten den Angaben zufolge dann direkt an die Kliniken weitergeleitet werden. Auch Patienten mit Hörsturz oder Schwindelsymptomen, die normalerweise bei HNO-Ärzten behandelt werden, könnten dann ebenso wie Frauen in gynäkologischen Praxen eine direkte Überweisung bekommen.
Bereits heute will die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) Klage vor dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg einlegen. KBV-Chef Andreas Köhler sagte, mit dem "Spardiktat" der Kassen werde nicht der Arzt getroffen, sondern der Patient. Deren Versorgung werde sich verschlechtern. Zudem soll heute der Bewertungsausschuss erneut zusammenkommen, um über eine Umsetzung des Kompromisses zu beraten.
Köhler: "Wir hoffen, dass wir Protestmaßnahmen bundesweit verhindern können."