Jedes europäische Land, das entlassene Insassen aufnimmt, muss alle Informationen an die anderen Staaten geben.
Hamburg. Auf EU-Ebene sind sich die Innenminister einig, wie sie mit der Aufnahme von Guantánamo-Häftlingen umgehen wollen, in Deutschland diskutieren sie bei der Innenministerkonferenz in Bremerhaven noch. Die Ressortchefs der 27 EU-Staaten und ihre Kollegen aus der Schweiz, Norwegen und Island verständigten sich gestern in Luxemburg darauf, dass die Gefangenen erst nach sorgfältiger Prüfung möglicher Sicherheitsrisiken in Europa aufgenommen werden sollen.
Jedes EU-Land, das Guantánamo-Insassen Zuflucht bieten will, muss nach der Vereinbarung umfassende Auskünfte über die Ex-Gefangenen einholen. "Jeder Mitgliedstaat wird von den Vereinigten Staaten alle verfügbaren, auch Geheimdienstinformationen verlangen", heißt es in der Vereinbarung. Diese Informationen müssen dann an alle anderen EU-Staaten und die übrigen Mitglieder des Schengen-Raums weitergeleitet werden.
Die endgültige Entscheidung über die Aufnahme von Guantánamo-Insassen trifft dann aber jede Regierung für sich. Der Informationsaustausch soll den übrigen Staaten aber Gelegenheit zur Stellungnahme geben und ihnen ermöglichen, "Maßnahmen vorzubereiten, die sie für die innere Sicherheit für angemessen erachten". Da innerhalb des europäischen Schengen-Raums die regulären Grenzkontrollen abgeschafft sind, ist es für die Mitgliedstaaten wichtig zu wissen, wer einreist.
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte sich zuvor bei der Innenministerkonferenz in Bremerhaven erneut skeptisch zur Aufnahme der Guantánamo-Häftlinge geäußert. Bei der Prüfung der Aufnahme werde er sich "streng an Recht und Gesetz" halten, sagte er und meinte damit das Aufenthaltsrecht. "Ich kenne bisher keinen Fall, in dem diese Voraussetzungen erfüllt wären", sagte er. Für Deutschland soll es sich nach bisher nicht bestätigten Berichten um die Aufnahme von neun bis zwölf Uiguren, einer chinesischem Minderheit, handeln. In Bremerhaven diskutieren die 16 Länderinnenminister und Schäuble, wie sie mit Anfragen aus den USA umgehen sollen. Ergebnisse könnte es dazu heute geben.
Gestern trafen sich die Minister zunächst in Arbeitsgruppen, um eine ganze Liste von Themen zu besprechen. Dabei geht es vor allem um die Eindämmung von Gewalt in der Gesellschaft. Den Vorstoß der Gewerkschaft der Polizei (GdP), schnell der steigenden Gewalt gegen Polizisten den Kampf anzusagen, unterstützt auch Hamburgs Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU). Die Innenminister wollen dazu zunächst eine Studie in Auftrag geben. Ahlhaus fordert härte Strafen. Er hatte das Thema im März für die Tagesordnung der Innenministerkonferenz angemeldet. "Ich erwarte von den Beratungen klare Ergebnisse und das unmissverständliche Signal, dass der Staat Gewalt gegen seine Vollstreckungsbeamten und Einsatzkräfte nicht akzeptiert", sagte Ahlhaus dem Abendblatt. "Nur weil wir im Herbst eine Bundestagswahl haben, dürfen wir uns nicht vor einer eindeutigen Entscheidung drücken." Ahlhaus' Vorstoß für ein bundesweites Waffenregister nach Hamburger Vorbild wird heute besprochen.
Differenzen gab es gestern über die Überlegungen, die Bundeswehr zur Abwehr von Terroranschlägen auch im Inneren einzusetzen. Nachdem alle Innenminister am Tag zuvor einvernehmlich das entsprechende "Programm Innere Sicherheit" vorgestellt hatten, erklärte Ingo Wolf (FDP) aus Nordrhein-Westfalen, dass er eine Vermischung von militärischen und polizeilichen Mitteln für den falschen Weg halte. In dem Programm heißt es, dass Situationen denkbar seien, die "nur mit militärischen Fähigkeiten und Mitteln gelöst" werden könnten. Diese Formulierung sei ein Minimalkompromiss und bedeute keine Zustimmung zu einer grundsätzlichen Verfassungsänderung, stellte Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) klar.