Die Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler, schließt personelle Konsequenzen im Fall des kürzlich als Stasi-Spitzel enttarnten früheren West-Berliner Polizisten Karl-Heinz Kurras nicht aus.
Berlin - "Es war nicht in Ordnung, dass die Behördenleitung nicht sofort nach dem Fund über diese wirklich aufsehenerregende Sache informiert wurde", sagte Birthler in der Sendung "Klipp & Klar" des Rundfunks Berlin-Brandenburg. Wer die Verantwortung dafür trägt und was die möglichen Konsequenzen seien, wollte sie aber nicht sagen und verwies auf die laufenden internen Auswertungen. Birthler selbst habe nach eigenem Bekunden erst am Nachmittag des 21. Mai davon erfahren. "Kurz danach erschien es in den Medien", fügte sie hinzu. Birthler lehnte zugleich erneut die Übergabe der Stasi-Akten an das Bundesarchiv ab. Die Akten würden auch im Bundesarchiv nicht schneller und professioneller erschlossen.
Die aus 17 Bänden bestehende Akte des früheren inoffiziellen Stasi-Mitarbeiters und West-Berliner Polizisten Karl-Heinz Kurras war nach Angaben von Mitarbeitern der Behörde erst durch Zufall entdeckt worden. Kurras hatte 1967 den Studenten Benno Ohnesorg erschossen - die Tat gilt bis heute als Start der 68er-Bewegung, die sich erklärtermaßen auch gegen polizeistaatliche Strukturen des rechten politischen Spektrums wenden wollte.
Wie nun bekannt wurde, arbeiten in Brandenburg auch heute, 20 Jahre nach dem Mauerfall, noch mehrere Hundert Ex-Stasi-Mitarbeiter im Polizeidienst. Dies bestätigte das Landesinnenministerium dem Fernseh-Politikmagazin "Klartext". Demnach seien mit Auflösung des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) im Jahr 1990 rund 220 ehemalige hauptamtliche Mitarbeiter des MfS in die Volkspolizei im Bereich des heutigen Landes Brandenburg übernommen worden. Bei Personalüberprüfungen wurden damals zudem weitere 1238 inoffizielle Mitarbeiter festgestellt. Wie viele der ehemaligen hauptamtlichen und inoffiziellen Stasi-Mitarbeiter genau heute noch für die Landespolizei tätig sind, teilte das Ministerium jedoch nicht mit.
Die Deutsche Polizeigewerkschaft warnte vor einer "schweren Ansehensschädigung" der Polizei. Chef Rainer Wendt forderte in der "Leipziger Volkszeitung" die Innenminister der Länder auf, "alle Karten auf den Tisch zu legen und zu prüfen, in welchen Fällen Konsequenzen zu ziehen sind".