Die Regierung geht davon aus, dass das Gesetz wieder verändert wird. Innenminister Friedrich hatte die Verschärfung zuvor noch verteidigt.
München. Die Bundesregierung geht davon aus, dass das umstrittene Meldegesetz im parlamentarischen Verfahren wieder verändert wird. Das machte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin deutlich. In der ursprünglichen Gesetzesfassung der Bundesregierung war vorgesehen gewesen, dass die Bürger der Weitergabe persönlicher Daten durch die Meldebehörden ausdrücklich zustimmen mussten. In der verschärften Gesetzesfassung ist nun vorgesehen, dass die Bürger aktiv Widerspruch einlegen müssen. Es gebe die Hoffnung, dass jetzt angestellte datenschutzrechtliche Überlegungen noch in das Gesetz einflössen, sagte Seibert. Wie aus Koalitionskreisen zu erfahren war, ist die umstrittene Verschärfung des Meldegesetzes „auf ausdrücklichen Wunsch der CSU zustande gekommen“. In der Koalition zeigt man sich daher irritiert über die Kritik der CSU-Spitze.
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hatte zuvor allerdings vorschnelle Kritik abgelehnt. Wer sich „inhaltlich“ mit dem neuen Gesetz auseinandersetze und dieses mit den Meldegesetzen der Länder vergleiche, der werde feststellen, dass der Datenschutz gegenüber der jetzigen Rechtslage verbessert werde, sagte Friedrich am Montag vor einer Sitzung des CSU-Vorstands in München. „Dann legt sich die Aufregung vielleicht ein bisschen.“ Das werde auch der Bundesrat in seinen Beratungen feststellen. „Ich warne vor Schnellschüssen“, sagte der Minister, dessen Haus den Gesetzentwurf in seiner ursprünglichen Fassung vorgelegt hatte.
+++Adressenverkauf durch Ämter – Widerspruch zwecklos+++
+++Ministerin Aigner distanziert sich von Meldegesetz+++
CSU-Chef Horst Seehofer und Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) hatten dagegen zuvor angekündigt, das verschärfte Gesetz stoppen zu wollen. Aigner sagte, in der ursprünglichen Gesetzesfassung sei „aus guten Gründen“ vorgesehen gewesen, dass die Bürger der Weitergabe persönlicher Daten durch die Meldebehörden ausdrücklich zustimmen müssen. In der verschärften Gesetzesfassung ist nun vorgesehen, dass die Bürger aktiv Widerspruch einlegen müssen.
Friedrich wollte sich auch auf Nachfrage nicht zu „seiner“ ursprünglichen Gesetzesfassung bekennen oder sich gegen die vom Bundestag beschlossenen Verschärfungen positionieren. „Ich kritisiere die Beschlüsse des Deutschen Bundestages als Mitglied der Bundesregierung nicht“, sagte er und betonte: „Wissen Sie, in Berlin ist es so, dass das Parlament die Regierung kontrolliert und nicht umgekehrt.“ Friedrich wollte aber darüber hinaus auch nicht sagen, warum er sich ursprünglich für die Einwilligungslösung und gegen die Widerspruchslösung entschieden hatte.
Der Bundesbeauftragte für Datenschutz hat Schwarz-Gelb mit Blick auf das umstrittene Meldegesetz Klientelpolitik vorgeworfen. "Klar ist, dass dieses Vorhaben – so wie es der Bundestag jetzt beschlossen hat – ein Geschenk für die Werbewirtschaft ist“, sagte Peter Schaar am Montag im Deutschlandfunk. Das Gesetz enthalte "massive Verschlechterungen“ für die Bürger, kritisierte Schaar. Sie müssten einer Weitergabe ihrer Daten durch Ämter an Unternehmen ausdrücklich widersprechen – statt diese schriftlich zu erlauben. Die Erfahrung zeige aber, dass nur wenige Bürger diesen Widerspruch überhaupt einlegten, sagte Schaar.
Und selbst dann könnten Unternehmen, die bereits alte Daten von Bürgen hätten, diese bei den Ämtern aktualisieren – sogar wenn diese aus "dubiosen Quellen“ stammten. "Da hilft selbst kein Widerspruch.“ SPD und Grüne wollen das Gesetz im Bundesrat stoppen.
Hessens Datenschutzbeauftragter sagt dem vom Bundestag verschärften Meldegesetz ein schnelles Ende voraus. „Wir freuen uns über das vernichtende Presseecho“, sagte der Sprecher des Datenschutzbeauftragten, Robert Piendl, am Montag. „Da der Bundesrat zustimmungspflichtig ist, sind wir zuversichtlich, dass diese Reform im Entwicklungsstadium stecken bleibt.“ Vom derzeitigen Gesetzentwurf halte seine Behörde nichts. „Das Meldeamt darf den Bürger nicht in die Bringschuld setzen“, sagte Piendl. Er bevorzugt die sogenannte Einwilligungslösung. Hier müsste das Meldeamt den Bürger vor dem Verkauf seiner Daten fragen.
Mit Material von dpa/dapd