Zahl der Kinder geht stark zurück – Jedes sechste Kind von Armut bedroht
Berlin. In Deutschland wachsen immer weniger Kinder auf. Jedes sechste Kind ist dabei von Armut bedroht, besonders problematisch ist die Situation bei Alleinerziehenden. „Deutschland ist inzwischen das kinderärmste Land Europas“, sagte der Präsident des Statistischen Bundesamtes, Roderich Egeler, am Mittwoch in Berlin bei der Vorstellung eines Berichts zur Situation der Kinder. Demnach lag der Anteil der unter 18-Jährigen an der Gesamtbevölkerung im vergangenen Jahr bei nur noch 16,5 Prozent.
Nach den Ergebnissen des Mikrozensus lebten im Jahr 2010 rund 13,1 Millionen minderjährige Kinder in Deutschlands Haushalten. Im Jahr 2000 war diese Zahl um 2,1 Millionen höher. In Westdeutschland ist die Zahl der Kinder seit 2000 um zehn Prozent, in Ostdeutschland um 29 Prozent gesunken. Diese Entwicklung wird sich nach den Berechnungen der Statistiker weiter fortsetzen. Als armutsgefährdet gilt ein Kind, wenn das Netto-Einkommen im Elternhaus unter dem Schwellenwert von 11.151 Euro pro Jahr liegt. Die meisten von Armut bedrohten Kinder leben in Haushalten von Alleinerziehenden.
Das Bundesfamilienministerium sieht sich mit seinen familienpolitischen Maßnahmen trotz der Zahlen „auf einem guten Weg“. Die Zahlen kämen nicht überraschend. Insbesondere eine „familienfreundliche Unternehmenskultur und der Ausbau der Kinderbetreuung“ spielten eine Rolle, wenn es darum gehe, die Rahmenbedingungen für Familien zu verbessern, sagte Staatssekretär Josef Hecken in Berlin. Er wies darauf hin, dass trotz der geringen Kinderzahl sich die Geburtenrate in Deutschland mit 1,36 Kindern pro Frau im gebärfähigen Alter seit einigen Jahren auf stabilem Niveau bewege.
Das Deutsche Kinderhilfswerk kritisierte dagegen vehement, dass trotz guter Konjunktur Kinder weiter von Armut betroffen sind. Zwar liege Deutschland im internationalen Vergleich im Mittelfeld. Dass aber der konjunkturelle Aufschwung nicht zu einer Abnahme der Kinderarmut führe, zeige, dass es sich um ein strukturelles Problem handelt.
Bei 51 Prozent der minderjährigen Kinder im Bundesgebiet gingen beide Elternteile einer beruflichen Tätigkeit nach, bei 38 Prozent war nur ein Elternteil berufstätig und bei elf Prozent ging keiner der Eltern arbeiten. Je jünger Kinder sind, desto häufiger geben insbesondere Mütter ihre Erwerbstätigkeit vorübergehend auf.
Das Angebot an Betreuungsplätzen für Kinder unter drei Jahren ist den Angaben zufolge in den vergangenen Jahren gestiegen. 2006 betrug die Betreuungsquote im Bundesgebiet noch 14 Prozent, im März 2010 bereits 23 Prozent. Um das Ziel der Bundesregierung zu erreichen, bis 2013 insgesamt 750.000 Betreuungsplätze für unter Dreijährige zur Verfügung zu stellen, müssten bis dahin noch rund 280.000 Plätze zusätzlich geschaffen werden, sagen die Statistiker.
Mit 25 Jahren wohnte im Jahr 2010 nur noch etwa jede fünfte junge Frau bei den Eltern. Bei den Söhnen waren es hingegen noch 38 Prozent. Auch mit 30 Jahren wohnt noch etwa jeder achte Mann (13 Prozent) bei den Eltern, bei den Frauen nur noch jede zwanzigste.
Schwerpunkt des Berichts sind die Daten des Mikrozensus 2010. Darüber hinaus wurden Statistiken zu Bildung, Kinderbetreuung und Kinder- und Jugendhilfe sowie der europaweiten Erhebung über Einkommen und Lebensbedingungen verwendet.