Klagen der Energiekonzerne gegen Atomausstieg befürchtet
Plön. Die Wirtschaftsminister der Länder sind der Auffassung, dass allein der Bund für Entschädigungszahlungen an die Atomkraftwerksbetreiber aufkommen müsste. Die Zuständigkeiten für den Atomausstieg seien klar, es gebe einen bundesrechtlichen Rahmen, sagte der Vorsitzende der Wirtschaftsministerkonferenz, der Kieler Minister Jost de Jager (CDU), gestern in Plön zum Abschluss des zweitägigen Treffens. Sein niedersächsischer Amtskollege Jörg Bode (FDP) betonte, die Risiken durch Schadenersatzforderungen dürften nicht zulasten der Länder gehen. Grundsätzlich begrüßten die Minister das von der Regierung beschlossene Gesetzespaket zur Energiewende. Viele Fragen seien aber noch offen.
Der schwedische Energiekonzern Vattenfall verlangt nun für die Zwangsstilllegung seiner deutschen Atomkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel eine "faire Entschädigung" und schließt eine Klage vor Gericht nicht aus. Konzernchef Øystein Løseth sagte, das norddeutsche Vattenfall-Kernkraftwerk Krümmel dürfe "mit Blick auf die Reststrommengen zeitlich und mengenmäßig nicht schlechter als andere neuere Kernkraftwerke gestellt werden". Für das Wiederanfahren der seit 2007 fast permanent stillstehenden Meiler Krümmel und Brunsbüttel habe man 700 Millionen Euro investiert, erklärte Løseth. "Wir haben natürlich all die Investitionen in unsere Reaktoren in dem Glauben getätigt, dass sie wieder angefahren werden." Für die Entscheidung über eine mögliche Klage gegen die Bundesregierung sei es noch zu früh.
Auch der deutsche Atomkonzern RWE fühlt sich durch den Ausstiegsbeschluss der Regierung benachteiligt und fordert für den Meiler Gundremmingen B eine Abschaltung erst 2021. Das geht aus einem Brief von RWE-Chef Jürgen Großmann an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hervor. RWE verliert durch das sofortige Aus für acht Kernkraftwerke die beiden Meiler Biblis A und B. Der RWE-Vorstandsvorsitzende argumentierte, anders als von der Regierung gedacht, könnten nicht alle zugestandenen Reststrommengen bis zu den jeweiligen Abschaltdaten verbraucht werden. Der "Schutz dieser grundrechtlich geschützten Position" sei relativ einfach zu bewerkstelligen, wenn Gundremmingen B und C beide erst 2021 vom Netz gehen würden.
Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy sieht in Deutschlands Atomausstieg eine gute Chance für französische Stromexporte. "Wenn sie ihre Atomkraftwerke abstellen, dann müssen sie durch irgendwas ersetzt werden. Wir bieten uns gerne an, ihnen unseren Strom zu verkaufen, und wenn wir auf diese Weise einen Wettbewerbsvorteil haben, umso besser", sagte er gestern. Er wolle die Entscheidung Deutschlands nicht kritisieren: "Das ist ihre Entscheidung, und sie ist auch dort umstritten", fügte er hinzu.