Am Sonntag endet der Kirchentag in Dresden. Die Themen reichen von Atomkraft bis Afghanistan

Dresden. Mit Bibelarbeiten und politischen Debatten ist am Freitag der 33. Evangelische Kirchentag in Dresden fortgesetzt worden. Im Mittelpunkt des dritten Tages des Christentreffens standen die Atom- und Friedenspolitik. An diesem Sonnabend wird auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) als Gast in Dresden erwartet.

Während Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) Auslandseinsätze nachdrücklich befürwortete, stellte der frühere Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reinhard Höppner (SPD), das Engagement in Afghanistan infrage. Der evangelische Militärbischof Martin Dutzmann sagte, er vermisse in der Gesellschaft eine Würdigung der getöteten Soldaten.

Der Einsatz militärischer Gewalt sei das letzte Mittel, Frieden zu sichern und Menschenrechte durchzusetzen, sagte de Maizière der "Sächsischen Zeitung". "Man wird durch solches Handeln schuldig im streng evangelischen Sinne. Aber wer nichts tut, wird auch schuldig." Am Abend wollte de Maizière, der dem Präsidium des evangelischen Kirchentags angehört, in Dresden mit dem Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, über das deutsche militärische Engagement im Ausland diskutieren.

Schneider selbst warnte vor einer Ausweitung der Auslandseinsätze der Bundeswehr nach einer Salamitaktik. "Nach dem Grundgesetz hat das Militär einen Verteidigungsauftrag", sagte Schneider am Rande des Kirchentags.

Nach Ansicht von Ex-Bischöfin Margot Käßmann müssten Wege zum Dialog mit den radikalislamischen Taliban gesucht werden. "Ohne Dialog mit allen Gruppen geht es nicht." Gleichzeitig rief sie dazu auf, mehr Geld in Friedensprojekte und -organisationen am Hindukusch zu investieren. Die populäre frühere EKD-Vorsitzende widersprach in Dresden Vermutungen, sie wolle künftig als Talkmasterin arbeiten.

Auch die Energiewende fand Eingang in die Debatten. So hält SPD-Bundestagsfraktionschef Frank-Walter Steinmeier bei einem schnellen Atomausstieg eine längere Nutzung fossiler Brennstoffe für unvermeidlich. Bald würden acht Kernkraftwerke endgültig vom Netz genommen, "das wird keine leichte Energiesituation", sagte er. Diese Situation könne zwar "gemanaged" werden, aber nicht mit bloßen Bekenntnissen, den Energiebedarf zu senken. Er sprach von einer "fossilen Brücke" aus Gasverstromung. Der nordelbische Bischof Gerhard Ulrich bezeichnete die Atomkraft als "Technik, die die Schöpfung bedroht oder zerstört" und deshalb nicht zu ertragen und zu fördern sei. Das christliche und biblische Menschenbild zeichne einen "schuldfähigen und fehlerhaften" Menschen. Atomenergie bestrafe Fehlerhaftigkeit aber sofort und sei deshalb abzulehnen.

Wie in Dresden klar wurde, ist auch die Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs noch lange nicht abgeschlossen. Die Beauftragte der Bundesregierung für Missbrauchsopfer, Christine Bergmann, sagte zur bisherigen Aufklärungsarbeit: "Das alles reicht noch nicht, da muss noch mehr Butter bei die Fische." Die SPD-Politikerin schlug unter anderem freiwillige Entschädigungszahlungen durch die verantwortlichen Institutionen in Höhe von 1500 bis 50 000 Euro vor, die sich an der Höhe des Schmerzensgeldes orientierten, das zum Tatzeitpunkt zu erzielen gewesen wäre. Bergmann rief in Dresden zudem dazu auf, das Schicksal der DDR-Heimkinder aufzuarbeiten.