Heute berät Angela Merkel die Energiewende mit den Länderchefs
Berlin. Der heutige Tag dürfte für die Bundeskanzlerin zur Herausforderung werden. Vier Tage ist es nun her, dass sich die Bundesregierung unter Angela Merkel (CDU) auf den Atom-Ausstieg bis 2022 geeinigt hat - jetzt aber geht es um die Details. Am Mittag wird die Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten beraten. SPD-geführte Bundesländer haben bereits deutlich gemacht, dass sie an der Gesetzgebung zur Energiewende beteiligt werden wollen. Der grüne Ministerpräsident Baden-Württembergs, Winfried Kretschmann, reist mit einem ganzen Katalog an Verbesserungsvorschlägen nach Berlin. Und selbst Merkels Parteifreund, Niedersachsens Landesvater David McAllister (CDU), will nachjustieren: Er fordert ein Gesetz, das die Suche nach einem Endlager für Atommüll regelt - und sich auf ganz Deutschland ausdehnt. Bislang konzentriert sich die Suche nur auf den niedersächsischen Salzstock in Gorleben.
Auch Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) reist mit Klärungsbedarf nach Berlin. So seien im Kanzleramt noch wichtige Fragen zu besprechen. Dem Hamburger Abendblatt nannte Scholz Beispiele: "Die Energiewende ist eine große Herausforderung für das Industrieland Deutschland. Wir brauchen auch in Zukunft bezahlbaren und sicheren Strom für Verbraucher und Industrie. Die Windkraft, vor allem Offshore, muss ausgebaut werden. Bundesweit müssen neue Stromleitungen verlegt werden. Die Gebäudedämmung muss stärker gefördert werden." Trotzdem sei für ihn prinzipiell ein Konsens mit Schwarz-Gelb möglich, betonte Scholz. "Die Bundesregierung kehrt ja zum Ausstiegsbeschluss der rot-grünen Regierung des Bundeskanzlers Schröder zurück." Aus Hamburger Sicht sei die Abschaltung der Kraftwerke in Brunsbüttel und Krümmel wichtig. Und dass es ein festes Enddatum für die Nutzung der Atomkraft in Deutschland geben wird.
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) sagte ebenfalls, er sehe durchaus Chancen, einen Konsens zwischen den großen Parteien zu finden. "Aus Sicht unseres Landes ist besonders wichtig, dass die alten Atomkraftwerke und auch der Pannenreaktor in Krümmel, der nur wenige Kilometer von unserer Landesgrenze entfernt liegt, nicht wieder ans Netz gehen", sagte er dem Abendblatt. "Ich erwarte, dass nun auch Zwischenlager wie Lubmin einer strengen Überprüfung unterzogen werden."
Weniger offen für einen Konsens sind weiterhin die Grünen. "Die Atomkraftwerke erhalten eine Laufzeitgarantie für zehn Jahre. Während dieser Zeit werden Investitionen in erneuerbare Energien und Ersatzkraftwerke nur gebremst erfolgen", sagte Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn dem Abendblatt. "Und 2020 ist dann neuer Streit programmiert, ob man die Laufzeiten nicht doch wieder verlängern soll. Ein unumkehrbarer Atomausstieg sieht anders aus", kritisierte sie.