Laut de Maizière ist der Bundeswehr-Umbau nicht mehr in dieser Legislaturperiode möglich. Warnung vor Unterfinanzierung.
Hamburg. Die Reform der Bundeswehr braucht nach Einschätzung von Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) noch einige Zeit. "Die Neuausrichtung wird sich nicht bis zum Ende der Legislaturperiode 2013 durchsetzen lassen", sagte de Maizière während seines USA-Besuchs der "Leipziger Volkszeitung". Er wolle aber die Grundentscheidungen bereits jetzt so anlegen, dass sie danach nicht mehr infrage gestellt würden, "egal wer dann als Minister Verantwortung trägt". Seine Eckpunkte will de Maizière dem Bericht zufolge in der Woche nach dem FDP-Parteitag Mitte Mai der Öffentlichkeit vorstellen.
De Maizière verglich seine Bemühungen um eine Neuausrichtung der Truppe mit der Reform seines SPD-Amtsvorgängers Peter Struck. Dieser habe 2003 seine große Reform angegangen, die Nachwirkungen bis 2010 gehabt habe. Im Zuge der Neuausrichtung wird am 1. Juli die Wehrpflicht ausgesetzt. Mit der Reform verbunden ist auch eine Reduzierung der Truppenstärke, außerdem sollen mehrere Standorte geschlossen werden.
Beim Koalitionspartner FDP stieß de Maizières Zeitplan auf Zustimmung. "Es handelt sich um eine große Reform, die kann man nicht in einem Vierteljahr abschließen", betonte der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Jürgen Koppelin dem Hamburger Abendblatt. Trotzdem könne das Gesamtkonzept der Bundeswehrreform bis spätestens zum Herbst im Kanzleramt abgesegnet werden, sagte Koppelin. Der schleswig-holsteinische Liberale relativierte aber frühere Aussagen de Maizières, die Truppenstärke werde angesichts der Kürzungsvorgaben von heute 250 000 auf bis zu maximal 185 000 Soldaten absinken. Schon de Maizières Vorgänger Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) hatte gewarnt, dass diese Zahl wohl angesichts der Sparauflagen der Bundesregierung nicht einzuhalten sei. "Die FDP und ich plädieren für 185 000 Soldaten oder mehr", sagte Koppelin. Dies könne man erreichen, in dem man mehr nur Kurzzeit-Verpflichtete verwende. Da aber die Nachwuchsgewinnung schwierig werde, müsse man unabhängig von Sparvorgaben die Attraktivität des Berufs und der Besoldung steigern. Die Sparvorgabe von 8,3 Milliarden Euro bis 2015 dürfe daher nicht dogmatisch gesehen werden. "Das Sparziel ist machbar, aber man sollte es nicht wie eine Monstranz vor sich her tragen", sagte Koppelin, der sich zugleich gegen weitere Kürzungen bei Luftwaffe und Marine aussprach. "Ich sehe keine Gefahr, dass es zu einem Standort-Kahlschlag in Norddeutschland kommen wird."
Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Arnold, warnte im "Kölner Stadt-Anzeiger", Deutschland gerate mit dem Sparzwang für seine Armee in die Gefahr, seinen internationalen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen zu können. Außerdem sei die Bundeswehr durch die Umstellung auf eine Berufsarmee in Gefahr, nicht genügend Personal zu bekommen. "Wir fordern die Bundesregierung deshalb auf, die Einsparziele zu schieben, ein Attraktivitätsprogramm für die Bundeswehr zu beschließen, das diesen Namen verdient, und beim Reformtempo maßzuhalten," schrieb Arnold. Sollte die Bundeswehr, wie aus dem Verteidigungsministerium kolportiert, nicht in der Lage sein, mehr als 158 000 Soldaten zu bezahlen, "dann bekämen wir - gemessen an der Bevölkerungszahl - die kleinste Armee Europas. Verpflichtungen gegenüber der Uno, gegenüber Nato und EU könnten wir nicht wie bisher erfüllen," stellte Arnold fest.
Eine Expertise der Universität der Bundeswehr in München kommt der Zeitung zufolge zu dem Schluss, dass der Bundeswehr bis 2014 mindestens 4,5 Milliarden Euro fehlen, um die geplante Reform mit 185 000 Soldatinnen und Soldaten realisieren zu können. "Für eine bedarfsgerechte Umsetzung der Reform fehlen der Bundeswehr bis 2014 mindestens 4,5 Milliarden Euro", zitiert die Zeitung den Militärökonom Jürgen Schnell. "Falls an der mittelfristigen Finanzplanung festgehalten wird, bleibt die Bundeswehr erheblich unterfinanziert", warnt demnach Schnell. Betroffen wäre davon insbesondere die Ausrüstung. Schnell zufolge müssten diese verteidigungsinvestiven Ausgaben bis 2014 auf unter 20 Prozent gesenkt werden. Als Zielgröße wurden zuletzt 30 Prozent angesehen.