Auch viele Hamburger Väter machen Babypause. Neuer Krach um die “Herdprämie“
Berlin. Die schwarz-gelbe Bundesregierung hat die geplante Verlängerung der Babypause für Väter kassiert. Anders als im Koalitionsvertrag vereinbart, wird es eine Ausweitung des Elterngeldes vorerst nicht geben. Wie ein Sprecher von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) gestern mitteilte, ist eine Verlängerung der sogenannten Vätermonate aufgrund der angespannten Haushaltslage nicht möglich. Diese stehe "weiterhin unter Finanzierungsvorbehalt".
Geplant war eigentlich, dass Eltern künftig 16 Monate statt bislang 14 Monate von den Zahlungen profitieren können. Gegenwärtig kann ein Elternteil zwölf Monate nach der Geburt eines Kindes mit der Arbeit aussetzen und erhält dafür zwischen 65 und 67 Prozent des Nettoeinkommens vom Staat. Nimmt auch der andere Partner eine Auszeit, wird das Elterngeld zwei weitere Monate finanziert. Da zumeist die Mütter den Löwenanteil der Babypause nehmen, heißen die zusätzlichen Wochen salopp "Vätermonate" - wobei es keine Rolle spielt, welcher Elternteil wie lange zu Hause bleibt. Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes waren im vergangenen Jahr 20 Prozent der Bezieher von Elterngeld Männer. In Hamburg beläuft sich diese Zahl auf 22,5 Prozent - damit gehören die Väter in der Hansestadt zur Spitzengruppe im Ländervergleich. Die Spitzenposition nimmt Sachsen ein. Hier haben sich mit 24,2 Prozent die meisten Männer für eine Babypause entschieden.
Das Elterngeld gilt als Prestigeprojekt von Schröders Vorgängerin, der heutigen Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Ziel ist vor allem, wieder für mehr Geburten in Deutschland zu sorgen. Kostenpunkt: rund vier Milliarden Euro jährlich. Als Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) für das Sparpaket im Sommer 2010 bei vielen Ministerien den Rotstift ansetzte, stand die Elterngeld-Ausweitung das erste Mal auf der Streichliste. Allerdings hatte Schröder wiederholt betont, für die Verlängerung kämpfen zu wollen - zuletzt im November im Abendblatt-Interview. Vorerst dürfte daraus jedoch nichts werden.
Der Koalitionspartner FDP kritisiert den Aufschub. Man müsse "flexible Möglichkeiten" schaffen, dass sich Väter verstärkt um die Kindererziehung kümmern können, sagte die familienpolitische Sprecherin der Liberalen, Miriam Gruß, dem Abendblatt. "Ohne eine umfassende Evaluierung aller familienpolitischen Leistungen kann keine Aussage getroffen werden, welche Maßnahme sinnvoll ist und welche nicht", betonte sie und mahnte zugleich zu einer schnellen "Kosten-Nutzen-Untersuchung". Mit Blick auf die CSU, die das oft als "Herdprämie" bezeichnete Betreuungsgeld einführen möchte, sagte Gruß: "Eines ist aber ganz klar: Mit dem Aussetzen des Elterngeld-Ausbaus liegt es auf der Hand, dass wir über das von der CSU geforderte Betreuungsgeld gar nicht mehr zu sprechen brauchen." Die geschätzten Kosten von bis zu zwei Milliarden Euro seien erst recht nicht finanzierbar. Das Betreuungsgeld ist ebenfalls im Koalitionsvertrag festgeschrieben und für 2013 geplant. Es sieht vor, dass Eltern, die ihre Kinder in den ersten drei Lebensjahren zu Hause betreuen, mit rund 150 Euro pro Monat unterstützt werden.
Die familienpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Dorothee Bär (CSU), wies Gruß' Vorstoß scharf zurück. "Es gibt keine Notwendigkeit, das Betreuungsgeld schon jetzt auf Eis zu legen - auch wenn die FDP das vielleicht gerne hätte. Auf Belehrungen unseres Koalitionspartners in dieser Sache können wir gut verzichten", sagte sie dem Abendblatt. Die Union halte am Betreuungsgeld fest. "Ich bin nicht bereit, bereits jetzt über ein Instrument zu verhandeln, das ohnehin erst 2013 kommen soll", so Bär. Beim Elterngeld müsse man jedoch "in den sauren Apfel beißen". Aufgrund der Schuldenbremse könne man nicht alles umsetzen, "wie wir es uns gewünscht hätten". Bär zeigte sich zuversichtlich, dass eine Ausweitung jedoch noch in dieser Legislaturperiode möglich sei. "Wenn sich das Wachstum weiter positiv entwickelt und auch die Steuereinnahmen steigen, stehen die Chancen für eine Ausweitung des Elterngeldes bis 2013 gut."
Mecklenburg-Vorpommerns Sozialministerin Manuela Schwesig (SPD) kritisierte, von Schröders Versprechen sei nichts übrig geblieben. "Sie hat kein Interesse an Familien und tut nichts für Eltern und Kinder." Schwesig sprach sich für das skandinavische Modell aus, bei dem jeweils etwa ein Drittel der Elternzeit an Vater und Mutter gebunden ist und das letzte Drittel frei aufgeteilt werden kann. "Damit erreichen wir mehr Chancengleichheit im Beruf und in der Familie, ohne Eltern ein Modell aufzuzwingen."