Regierung bietet stärkeres Engagement in Afghanistan an
Berlin. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) setzt sich gegen Vorwürfe zur Wehr, die Regierung habe sich mit ihrer Enthaltung bei der Libyen-Abstimmung im Uno-Sicherheitsrat international isoliert. "Deutschland steht mit dieser Haltung nicht alleine in Europa", sagte Westerwelle in Berlin. Es gebe eine Reihe von Partnerländern auch in der EU, die die deutsche Position teilten und die Bedenken gegen eine Beteiligung am Militäreinsatz gegen die Truppen des libyschen Machthabers Muammar Gaddafi verstünden. Als Beispiel nannte er Polen. "Und deshalb ist der Eindruck, Deutschland sei in Europa oder auch in der internationalen Gemeinschaft isoliert, völlig falsch", sagte Westerwelle.
Deutschland hatte sich in der Nacht zum Freitag enthalten, als der Uno-Sicherheitsrat eine Resolution beschloss, die das militärische Eingreifen in Libyen legitimiert. Seit Sonnabend bombardieren westliche Truppen Ziele in Libyen, um Zivilisten vor den Truppen von Gaddafi zu schützen.
SPD-Parteichef Sigmar Gabriel hatte Westerwelle vorgeworfen, Deutschland mit der Enthaltung international isoliert und Europa gespalten zu haben. Westerwelle bekräftigte das Angebot der Bundesregierung, die Nato an anderer Stelle entlasten zu wollen und dabei auch eine Ausweitung des deutschen Afghanistan-Einsatzes zu prüfen. Eine Möglichkeit sei dabei eine deutsche Beteiligung am Awacs-Einsatz am Hindukusch. Eine Entscheidung dazu sei aber noch nicht gefallen, betonte der Minister. Nach dem Kabinett müsste auch der Bundestag ein Awacs-Mandat für Afghanistan billigen.
Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) äußerte dagegen Verständnis für die Kritik an der deutschen Position. Die Frage sei berechtigt, ob Deutschland, statt sich zu enthalten, ähnlich wie seine Bündnispartner hätte abstimmen sollen, sagte Lammert im Deutschlandfunk. Zumal zwischen der Zustimmung zu der Resolution und der Entscheidung über eine Beteiligung deutscher Soldaten an einem Militäreinsatz kein unmittelbarer Zusammenhang bestehe. Gleichzeitig verteidigte Lammert die deutsche Position. Er wies darauf hin, dass sich Deutschland bereits stark an internationalen Militäreinsätzen beteilige. Es gebe nur ganz wenige Länder, die ein vergleichbar hohes Engagement an so vielen Plätzen der Welt leisten würden.
Eine Mehrheit der Deutschen befürwortet laut einer Umfrage den Militäreinsatz. In einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Emnid im Auftrag von "Bild am Sonntag" gaben 62 Prozent der Befragten an, sie hielten eine Intervention für richtig. 31 Prozent sind gegen das militärische Vorgehen. Gleichzeitig befürworten 65 Prozent, dass sich die Bundeswehr nicht an den Angriffen beteiligt. 29 Prozent sprechen sich für eine deutsche Mitwirkung aus. Für die Umfrage befragte Emnid am Freitag 501 Menschen.