Der Sozialverband rät bei weiterer Verzögerung Betroffenen zur Klage. Parteispitzen müssen bei Reform des Hartz-IV-Pakets nachsitzen.
Berlin. Nach dem ergebnislosen Ende der Hartz-IV-Verhandlungsrunde haben sich die Parteien gegenseitig Blockadehaltung vorgeworfen. "Beim Regelsatz gibt es keine Bewegung der Bundesregierung", kritisierte SPD-Verhandlungsführerin Manuela Schwesig. CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich kritisierte, wie sehr sich die SPD "bereits auf den politischen Irrweg der Linken hat lenken lassen".
Hauptstreitpunkt ist der Hartz-IV-Regelsatz. Union und FDP wollen ihn um fünf Euro, SPD und Grüne um elf Euro pro Monat auf dann 370 Euro anheben. Heute Abend gehen die Verhandlungen weiter. Zuvor will Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Parteichefs der Koalition beraten. Eine Einigung des Vermittlungsausschusses vor der Bundesratssitzung am Freitag gilt mittlerweile als unwahrscheinlich.
"Nach unserer Ansicht ist es den Bürgerinnen und Bürgern nicht zuzumuten, wenn hier noch ein weiterer Monat verhandelt wird", sagte Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes dem Abendblatt. "Die Politik hatte nun exakt ein Jahr Zeit, eine verfassungsfeste Lösung auf den Weg zu bringen, und ist damit gescheitert. Es kann nicht sein, dass die Menschen nun von Monat zu Monat weitervertröstet werden", sagte Schneider. Jetzt sei der Zeitpunkt, Nägel mit Köpfen zu machen und endlich die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts sachgerecht umzusetzen, forderte er. "Sollte in den nächsten Tagen keine Einigung absehbar sein, empfehlen wir den Betroffenen zu klagen - in der Hoffnung, dass die Richter unsere Ansicht teilen und den Betroffenen zu ihrem Recht verhelfen."
Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat dem Vernehmen nach ein Angebot zur Entlastung der Kommunen vorgelegt. Demnach wäre der Bund bereit, die Milliardenkosten für Grundsicherung im Alter zu übernehmen. Die Kommunen müssten im Gegenzug die von der Koalition vorgesehenen Bildungsgutscheine für Kinder aus Hartz-IV-Familien zahlen. Der Städte- und Gemeindebund nannte das Angebot "nicht akzeptabel". Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg sagte laut "Leipziger Volkszeitung": Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) "hat bereits im November angeboten, dass der Bund die Grundsicherung übernimmt". Die Kosten des Bildungspakets müssten extra erstattet werden.