Berlin. Schon im Sommer hatte Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) ein neues Sorgerechtsgesetz angekündigt, das die Rechte der Väter stärken soll. Denn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte wies 2009 das deutsche Recht als unvereinbar mit der Europäischen Menschenrechtskonvention zurück. Das Bundesverfassungsgericht lehnte es dann 2010 ab. Doch bis jetzt scheitert die Ministerin mit ihrem Vorstoß am Widerstand der Union.
Heute wird über das gemeinsame Sorgerecht unverheirateter Eltern im Bundestag diskutiert - und die Grünen erhöhen den Druck auf die schwarz-gelbe Regierung. "Es kann doch nicht sein, dass die Justizministerin einen vernünftigen Kompromissvorschlag vorlegt, und die Union bewegt sich keinen Schritt", sagte die familienpolitische Sprecherin der Grünen, Katja Dörner, dem Hamburger Abendblatt. Mit einem Antrag gehen die Grünen nun in die Offensive: Wünscht ein Vater das gemeinsame Sorgerecht für das Kind, soll er künftig einen Antrag beim Jugendamt stellen können. Das Amt informiert die Mutter darüber. Schweigt sie innerhalb von acht Wochen, tragen die unverheirateten Eltern gemeinsam Sorge. Widerspricht die Mutter, entscheidet ein Gericht. Der Vorstoß der Grünen ähnelt stark dem Gesetzentwurf der Ministerin. Bisher kann ein nicht ehelicher Vater kein gemeinsames Sorgerecht erhalten, wenn die Mutter ihr Veto einlegt.
Es gebe aber keine Veranlassung, verheiratet und unverheiratete Eltern beim Sorgerecht unterschiedlich zu behandeln, sagt Dörner. Das Kindeswohl müsse im Mittelpunkt stehen, und daran müsse sich das geplante Gesetz orientieren. Die Union stimme in vielen Punkten mit Justizministerin und Grünen überein, sagte die Familienexpertin der Union, Dorothee Bär (CSU). "Dennoch darf das Jugendamt nicht so viel Macht erhalten, wie es die Grünen wollen", sagte sie dem Abendblatt. Zudem hob Bär hervor, dass das Schweigen der Mutter nicht als Zustimmung zum Antrag des Vaters gelten dürfe.