Diplomaten beschreiben laut WikiLeaks afghanischen Regierungschef Hamid Karsai als “paranoid“
Berlin/London. Die USA haben von einer deutschen Großspende an die afghanische Armee offenbar Verwaltungsgebühren in Millionenhöhe abzweigen wollen. Das US-Heer habe für die Verwaltung der deutschen Spende in Höhe von 50 Millionen Euro eine Bearbeitungsgebühr von 15 Prozent behalten wollen, was 7,5 Millionen Euro entspricht, berichtete "Spiegel Online" am Freitag unter Berufung auf Dokumente, die von der Internetplattform WikiLeaks veröffentlicht wurden. Der damalige deutsche Nato-Botschafter in Brüssel, Ulrich Brandenburg, habe gegen dieses Vorgehen protestiert und mit Konsequenzen für die weitere Spendenbereitschaft der Deutschen gedroht. Immerhin drei Millionen Euro hätten die USA schließlich einfach an die Bundeswehr zurücküberwiesen.
Aus Hunderten von WikiLeaks veröffentlichten diplomatischen Depeschen geht zudem hervor, dass Korruption die Gesellschaft und Regierung Afghanistans auf jeder Ebene durchdringe. Landwirtschaftsminister Asif Rahimi scheine das einzige Kabinettsmitglied zu sein, gegen das keine Korruptionsvorwürfe erhoben würden. Die US-Botschaft in Kabul schrieb über Präsident Hamid Karsai, er sei "paranoid", und es fehle ihm jegliche Fähigkeit, auch nur die grundlegenden Prinzipien des Aufbaus von Staaten zu begreifen. In den WikiLeaks-Dokumenten über Politiker kommt auch der frühere britische Premier Gordon Brown nicht gut weg. Bereits nach einem Jahr im Amt habe die US-Botschaft in London ihn abgeschrieben. Brown sei ein "abgrundschlechter" Premierminister, regiere in einer "Nach-Blair-Steuerlosigkeit" und stolpere "von einem Desaster ins nächste". Über seine letzte große Rede hieß es, sie sei mit einem "gemischten Beutel an populistischen Vorschlägen am Ziel vorbeigegangen". Die Labour-Partei unter Brown wurde in den US-Depeschen als "sinkendes Schiff" bezeichnet.