Berlin. In Frankfurt am Main kommen die Gremien des Zentralrates der Juden am Sonntag zusammen, um eine neue Führung zu wählen. Als Favorit für die Nachfolge von Zentralratspräsidentin Charlotte Knobloch gilt der bisherige Vizepräsident Dieter Graumann. Es wäre eine Zäsur.
1950 in Israel geboren, wäre der Frankfurter Volkswirt der erste Zentralratspräsident, der den Holocaust nicht selbst miterlebt hat. Daran, dass die Erinnerung an die Vernichtung des europäischen Judentums fester Bestandteil der Arbeit des Zentralrats bleiben soll, lässt Graumann allerdings keinen Zweifel. "Ich war nicht im Holocaust, aber der Holocaust ist in mir", sagt er mit Blick auf seine Eltern, die der Ermordung durch die Nationalsozialisten knapp entkamen, nach Kriegsende nach Israel auswanderten und 1951 nach Deutschland zurückkehrten. Wenn es nach ihm geht, soll der Zentralrat künftig jedoch "mehr Impulsgeber statt Dauermahner" sein.