Verkehrssünder im Ausland müssen künftig auch zu Hause büßen. Doch der Bundesrat sperrte sich gegen einige Gesetzesvorlagen.
Berlin. Mit einem vollen Programm und neuen Stimmverhältnissen hat der Bundesrat nach der Sommerpause am Freitag seine Arbeit wieder aufgenommen. Nach dem Regierungswechsel in Nordrhein-Westfalen hat Schwarz-Gelb keine Mehrheit mehr in der Länderkammer. 78 Tagesordnungspunkte galt es abzuarbeiten.
Kurzarbeitergeld: Die in der Wirtschaftskrise beschlossenen Sonderregelungen für das Kurzarbeitergeld werden um weitere 15 Monate verlängert. Die bisherigen Regelungen sollen nun erst im März 2012 auslaufen. Dazu gehört auch die Regel, wonach die Bundesagentur für Arbeit zusätzlich den Arbeitgeberanteil an den Sozialleistungen übernimmt.
Knöllchen: Wer als Autofahrer in einem EU-Ausland einen Strafzettel kassiert, muss bald damit rechnen, dass das Geld in Deutschland eingetrieben wird. Der Bundesrat ließ ein Gesetz zu einem entsprechenden EU-Beschluss passieren, nachdem schon der Bundestag zugestimmt hatte. Künftig werden die Bescheide in Deutschland vollstreckt, wenn es um mehr als 70 Euro geht.
Führerschein mit 17: Jugendliche sollen vom kommenden Jahr an schon mit 17 Jahren ein Auto fahren können. Der Bundesrat billigte ein Gesetzesvorhaben der Bundesregierung, das die bundesweite Einführung des Führerscheins schon mit 17 ermöglichen soll. Die Regelung, die vom Bundestag und dann vom Bundesrat noch offiziell beschlossen werden muss, soll zum 1. Januar 2011 in Kraft treten. Die 17-Jährigen dürfen dann bis zum 18. Lebensjahr mit einer erwachsenen Begleitperson fahren, die bestimmte Bedingungen erfüllen muss.
Arzneimittel: Medikamente sollen nicht mehr in sogenannten Pick-up-Stellen in Discountern und Drogeriemärkten verkauft werden dürfen. Dort können Arzneimittelbestellungen aufgegeben und die versendeten Mittel abgeholt werden. Dies führt nach Ansicht der Ländermehrheit zu Umsatzeinbußen der Apotheker.
Internet-Kostenfallen: Der Bundesrat verschob eine Entscheidung über den stärkeren Schutz vor Kostenfallen im Internet. Rheinland-Pfalz forderte, dass Nutzer den Abschluss von Verträgen erst per Klick bestätigen. Für die Forderung gab es noch keine Mehrheit. Der Bundesrat will darüber weiter beraten. Eine Bestätigung per Button planen auch Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU).
Gentechnik: Die Länder fordern eine umfassende Kennzeichnung genveränderter Lebensmittel. Bisher gibt es in Deutschland nur eine freiwillige Kennzeichnung mit dem Logo „ohne Gentechnik“.
Diabetiker: Spezielle Lebensmittel für Diabetiker wird es bald nicht mehr geben. Der Bundesrat stimmte für die Streichung spezieller Anforderungen in der Diätverordnung. Experten sind der Ansicht, dass für Diät-Angebote ohnehin die gleichen Empfehlungen zur gesunden Ernährung gelten wie für Nicht-Diabetiker.
Kohleförderung: Der Bundesrat sprach sich gegen das von der EU-Kommission bereits für 2014 geplante Ende der Steinkohle-Förderung aus. Er fordert die Regierung auf, an dem vereinbarten Ende des subventionierten Steinkohlenbergbaus bis 2018 festzuhalten.
Bankenkontrolle: Der Bundesrat stoppte vorerst die von der schwarz-gelben Bundesregierung geplanten schärferen Regeln für Banken beim Weiterverkauf von Kreditforderungen. Die Länderkammer rief überraschend den Vermittlungsausschuss an. Damit liegen die neuen Vorgaben für sogenannte Verbriefungen und die Umsetzung einer geänderten Bankenrichtlinie zunächst auf Eis.
Einlagensicherung: Im Streit mit der EU über einheitliche Sicherungssysteme für Kundeneinlagen bei Banken gehen auch die Bundesländer auf Konfrontationskurs zu Brüssel. Der Bundesrat lehnte die geplanten Änderungen durch die EU-Richtlinie zur Einlagensicherung ab. Die Länder befürchten Nachteile für die eigenen Sicherungssysteme von Sparkassen und Genossenschaftsbanken.
Städtebauförderung: Der Bundesrat sprach sich gegen die von der Bundesregierung geplante Halbierung der Städtebauförderung auf nur noch 305 Millionen Euro aus.
Gedenktag: Das Land Berlin scheiterte mit dem Anliegen, sich für den 8. Mai als nationalen Gedenktag einzusetzen. Das Land hatte argumentiert, am 8. Mai 1945 sei Deutschland vom menschenverachtenden System der NS-Gewaltherrschaft befreit worden.
Polizei und Zoll: Keine Einwände äußerte der Bundesrat zu dem geplanten Gesetz zur Einrichtung eines gemeinsamen Zentrums für Polizei und Zoll in Luxemburg. Derzeit kooperieren dort bereits 33 Beamte aus Frankreich, Belgien, Luxemburg und Deutschland.