Ministerin plant Feldversuch und warnt vor ausufernder Debatte
Berlin. Der Paritätische Gesamtverband hat die von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen geplanten Bildungs-Chipkarten für Kinder aus Hartz-IV-Familien als sinnlos bezeichnet und ein völlig neues System gefordert. "Die Diskussion greift zu kurz", sagte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider in Berlin. Aus seiner Sicht sollte die Hartz-IV-Regelleistung künftig nur noch Ausgaben für den täglichen Bedarf wie Ernährung oder Kleidung umfassen. Das Recht auf einmalige Leistungen wie Waschmaschinen oder Kinderfahrräder müsse wieder eingeführt werden. Eine im monatlichen Regelsatz enthaltene Pauschale von 42 Cent für ein Kinderfahrrad sei realitätsfremd, meinte Schneider. "Da müssen die Eltern schon von der Geburt an die Pauschale ansparen, wenn zur Einschulung das Fahrrad da sein soll."
Mit Blick auf die Bildungs-Chipkarten meinte Schneider, die seien nur eine Verpackung. Es gehe aber um den Inhalt. Die Karten würden nahelegen, dass Kinder viele Förderangebote einfach abrufen könnten. Die Realität sehe aber anders aus, da die Jugendarbeits-Angebote massiv abgebaut würden.
Der Deutsche Caritasverband bewertete die geplante Chipkarte positiver. Richtig konzipiert, werde sie die Hartz-IV-Familien nicht bevormunden, sondern deren Entscheidungsmöglichkeiten erweitern, sagte Generalsekretär Georg Cremer. Allerdings werde die Chipkarte ein bedarfsgerechtes Sozialgeld für Kinder nicht ersetzen können. Dessen Erhöhung stehe nach wie vor an.
Während die SPD der Ministerin Konzeptlosigkeit vorwarf, verlangte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast eine "ordentliche Neuberechnung" der Hartz-IV-Sätze für Kinder.
Ursula von der Leyen erteilte den Forderungen nach weiteren Sozialleistungen für Kinder aus Hartz-IV-Familien unterdessen eine Absage. Die Diskussion dürfe "jetzt nicht ausufern in alles, was wünschenswert ist", sagte die CDU-Politikerin der "Süddeutschen Zeitung". Sie will die Chipkarte 2011 einem Feldversuch unterziehen. Ein erstes Gespräch mit den betroffenen Fachministern der Länder ist für diesen Freitag in Berlin geplant.