Wirtschaftsminister Rainer Brüderle: “Bundesagentur für Arbeit hat Fachkräfteproblematik erkannt“
Hamburg. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) sieht neben der notwendigen Qualifizierung einheimischer Arbeitskräfte noch Raum für die Zuwanderung von Fachkräften aus dem Ausland. "Wir dürfen nicht die Zuwanderung Hochqualifizierter in Konkurrenz zu den Arbeitslosen setzen", sagte BA-Vorstandsmitglied Raimund Becker dem "Handelsblatt". Die Behörde habe im vergangenen Jahr mehr als 10 000 Zulassungen für Fachkräfte aus dem Ausland erteilt. Wenn dies nicht ausreiche, müsse gegebenenfalls auch über Änderungen der Zuwanderungsregeln nachgedacht werden, sagte Becker weiter. Er betonte, hoch qualifizierte Zuwanderer leisteten "einen wichtigen Beitrag für mehr Innovation und Wohlstand in unserem Land".
Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) reagierte zustimmend auf die Äußerungen des BA-Vorstands. Dem Abendblatt sagte der Minister: "Es ist erfreulich, dass die Bundesagentur für Arbeit das gesamte Spektrum der Fachkräfteproblematik von der heimischen Ausbildung bis zur qualifizierten Zuwanderungssteuerung erkannt hat. Dies deckt sich mit den Ansichten des Bundeswirtschaftsministeriums."
Brüderle hatte in der vergangenen Woche angekündigt, dem drohenden Fachkräftemangel in Deutschland mit einer Fachkräfteinitiative entgegenwirken zu wollen. So sollen etwa die Einkommensschwellen reduziert werden. Auch ein Begrüßungsgeld in Form einer "Lockprämie" für Gastarbeiter sei möglich, hatte Brüderle vorgeschlagen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wies diese Idee daraufhin zurück.
Mit seinen Äußerungen trat BA-Vorstand Becker jetzt dem Eindruck entgegen, die Nürnberger Behörde lehne eine verstärkte Zuwanderung ausländischer Spitzenkräfte ab. Behördenchef Frank-Jürgen Weise hatte zuvor empfohlen, vorrangig "das vorhandene Potenzial im Land" zu nutzen. Dies wurde als Absage an eine verstärkte Anwerbung ausländischer Fachkräfte verstanden. Becker stellte klar, dass hoch qualifizierte Zuwanderer sogar zum "Entstehen zusätzlicher Arbeitsplätze in Deutschland beitragen" würden, was unter anderem auch den weniger qualifizierten heimischen Arbeitslosen zugutekomme. Notwendig sei aus Sicht der BA eine Doppelstrategie, die mehr Ausbildung im Inland und Offenheit für gut qualifizierte Ausländer verbinde.
Eine Lockerung der Zuwanderungsregelungen forderte gestern auch der sächsische Wirtschaftsminister Sven Morlok (FDP). Derzeit seien die Hürden viel zu hoch und die Regeln viel zu kompliziert, sagte er den "Dresdner Neuesten Nachrichten". "Das schreckt eher ab." Er schlug unter anderem vor, die Mindestverdienstgrenze von 66 000 Euro auf rund 30 000 Euro abzusenken.