Finanzminister Schäuble (CDU) sagte, die SPD trage den Streit um ein Steuerabkommen mit der Schweiz “auf dem Rücken der Beamten aus“.
Berlin. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will die erhitzten Gemüter im Streuerstreit abkühlen. Schäuble hat vor allem die Opposition aufgerufen, sich im Steuerstreit mit der Schweiz zu mäßigen. „Die Schweiz ist genauso ein Rechtsstaat wie wir, und es macht keinen Sinn, wenn wir jetzt gegenseitig übereinander herfallen (...), als wäre das kein Rechtsstaat oder irgendeine Bananenrepublik“, sagte Schäuble am Dienstag im Südwestrundfunk (SWR). Unterdessen forderte Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Borjans nach den Haftbefehlen gegen drei deutsche Steuerfahnder die Rückendeckung der Bundesregierung. „Wir brauchen die Unterstützung der Bundesregierung und die erwarten wir auch“, sagte der SPD-Politiker am Dienstag in Deutschlandfunk. Bei der FDP können die Schweizer dagegen auf Verständnis hoffen.
+++Wolfgang Schäuble - Der Schweiz-Versteher+++
+++Immer wieder brisante Daten auf CD+++
Der Bundesfinanzminister sagte weiter, statt die Schweiz zu kritisieren, müsse der Konflikt zwischen den Rechtsordnungen beider Länder gelöst werden – wozu das verhandelte Steuerabkommen diene. „Das Problem ist nur, dass wir bisher auf eine Ablehnungsfront, auf eine politisch motivierte Ablehnung von den SPD-regierten Ländern im Bundesrat stoßen. Und die tragen das auf dem Rücken der Beamten aus“, kritisierte der Bundesfinanzminister. Auch FDP-Generalsekretär Patrick Döring forderte die SPD-geführten Länder auf, ihren Widerstand gegen das Steuerabkommen aufzugeben. Vom „Säbelrasseln“ der SPD halte er wenig, sagte Döring der „Passauer Neuen Presse“. „Das bringt uns nicht weiter.“ Zudem zeigte er Verständnis für das Schweizer Vorgehen gegen die deutschen Steuerfahnder. Er sagte, das Vorgehen sei zwar harsch, allerdings seien die CDs illegal erworben worden. „Es ist nicht verwunderlich, dass die Schweizer Behörden kein Interesse daran haben, dass Straftaten in ihrem Land belohnt werden“, sagte Döring der Zeitung.
+++Das umstrittene Steuerabkommen+++
Nordrhein-Westfalens Finanzminister dagegen sagte, es sei nicht hilfreich, wenn Politiker der schwarz-gelben Koalition Verständnis für das Vorgehen der Schweiz äußerten. Beim Kauf der Datenträger hätten Land und Bund „immer in hoher Übereinstimmung gehandelt“. Mit Blick auf das geplante Steuerabkommen mit der Schweiz forderte Walter-Borjans, Schwarzgeld rückwirkend höher zu besteuern als bislang vorgesehen. „Es muss in Richtung 50 Prozent gehen“, sagte er.
SPD-Chef Sigmar Gabriel unterstrich am Dienstag im RBB-Inforadio, dass die SPD bei ihrer harten Linie gegen das Abkommen bleiben werde. Die Schweiz ermögliche Straftätern, den heimischen Steuerbehörden ihr Millionenvermögen zu entziehen. Das Steuerabkommen würde dieses Modell noch legitimieren, sagte Gabriel. Auch der Grünen-Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin sprach sich erneut gegen das Abkommen aus. „Hier soll nicht Rechtssicherheit geschaffen werden, sondern das Unrecht der staatlich geschützten Schweizer Geldwäsche legalisiert werden.“
+++Heftige Reaktionen nach Haftbefehl gegen Steuerfahnder+++
Dem Abkommen zufolge sollen von 2013 an Erträge deutscher Anleger in der Schweiz mindestens genau so hoch besteuert werden wie in Deutschland. Auf Alt-Vermögen noch nicht entdeckter deutscher Bankkunden soll eine einmalige Pauschalsteuer zwischen 19 und 34 Prozent an den deutschen Fiskus überwiesen werden. Das Geld wäre damit anonym legalisiert. Schätzungen zufolge sollen deutsche Anleger zwischen 130 und 180 Milliarden Euro illegal in das Alpenland geschleust haben.
Am Wochenende war bekanntgeworden, dass die Schweiz Haftbefehle gegen drei Finanzbeamte erlassen hat, die im Februar 2010 am Ankauf einer CD mit Daten deutscher Steuerhinterzieher beteiligt gewesen sein sollen. Die Schweiz wirft ihnen Beihilfe zur Wirtschaftsspionage und Verstoß gegen das Bankgeheimnis vor. Schäuble wird vorgehalten, sich nicht ausreichend vor die deutschen Beamten gestellt zu haben.
Der Minister betonte jetzt im SWR, die NRW-Steuerfahnder hätten ihre Arbeit „sehr sehr gut“ gemacht. „Nach deutschem Recht ist ja alles, was sie gemacht haben, rechtlich in Ordnung, und sie tun nur ihre Pflicht.“ Aufgabe von Regierungen und Parlamente sei es, dafür zu sorgen, dass sie nicht unter den Konflikten zwischen nationalen Rechtsordnungen leiden müssten. Der Vorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler, forderte in der „Passauer Neuen Presse“, dass auch deutsches Strafrecht angewendet werden müsse, wenn die Schweiz auf Anwendung ihres Strafrechts bestehe. „Deutschland sollte die Vorstände der Schweizer Banken anklagen und Haftbefehle beantragen. Sie leisten Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Das wäre die angemessene Reaktion. Deutschland darf nicht kuschen.“
Die Schweizer Großbank Credit Suisse aktivierte am Wochenende einem Bericht der „Börsen-Zeitung“ zufolge ein zeitweilig ausgesetztes Verbot für ihre Kundenberater, nach Deutschland zu reisen.