Mehrheit der Bürger glaubt, dass das Vertrauen in die Politik zurückkehrt
Hamburg/Berlin. Er ist der Kandidat von Union, SPD, FDP und Grünen. Und doch rechnet Joachim Gauck, 72, bei der Wahl zum Bundespräsidenten an diesem Sonntag mit Abweichlern aus den Reihen seiner Unterstützer. In der Bundesversammlung, dem einzig zu diesem Zweck tagenden Gremium, werde es wohl "ein gewisses Grummeln in manchen Milieus" geben, sagte Gauck am Freitag. Manche seiner Aussagen aus der Vergangenheit hätten Irritationen ausgelöst, besonders wenn sie aus dem Zusammenhang gerissen worden seien, sagte der frühere DDR-Bürgerrechtler. "Ich habe mein Leben nicht so angelegt, dass ich Everybody's Darling werde." Er sei Konflikten nicht aus dem Weg gegangen und habe immer deutliche Worte gesagt.
Gegenkandidatin der Linken ist die als Nazi-Jägerin bekannt gewordene Beate Klarsfeld, 73. Die in Frankreich lebende Journalistin hatte mit ihrem Mann Serge frühere NS-Verbrecher enttarnt und der Justiz zugeführt. Zuletzt hat für Aufsehen gesorgt, dass sie 1968 für die Ohrfeige für den damaligen Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger vom SED-Politbüro 2000 D-Mark erhalten hatte. Die NPD hat den Historiker Olaf Rose, 53, nominiert.
Für Gauck wird sich mit der absehbaren Wahl zum elften Bundespräsidenten seit 1949 einiges ändern. So wird er aus seiner Wohnung in Berlin-Schöneberg in die Dienstvilla nach Dahlem ziehen. Seine Lebensgefährtin Daniela Schadt, 52, wird ihren Job als Redakteurin der "Nürnberger Zeitung" aufgeben. Nach einer Umfrage von Infratest dimap setzt eine Mehrheit der Deutschen Hoffnungen auf Gauck als Vermittler zwischen Bürgern und Politik. 59 Prozent denken, dass es dem neuen Bundespräsidenten gelingen wird, das Vertrauen der Bürger zurückzugewinnen.
Die ARD, das ZDF und Phoenix senden live ab 11.30 Uhr von der Wahl. Um 19.10 Uhr stellt sich Joachim Gauck in der Sendung "Was nun, Herr Gauck?" den ZDF-Interviewern. Bei Günther Jauch wird in der ARD ab 21.45 Uhr die Wahl analysiert.
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