Berlin. In keinem anderen europäischen Land ist das Lohngefälle zwischen Frauen und Männern so groß wie in Deutschland. Vollzeitbeschäftigte Frauen verdienen durchschnittlich 21,6 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen, teilte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) gestern mit. In den 34 Industriestaaten der OECD liegt die Differenz im Schnitt bei 16 Prozent. In Norwegen etwa bekommen Frauen lediglich 8,4 Prozent weniger.
Auch bei der Frauenquote schneidet die Bundesrepublik schlecht ab. Etwa 16 Prozent der Aufsichtsrats- oder Vorstandsmitglieder deutscher Unternehmen sind weiblich. Das ist zwar mehr als der EU-Durchschnitt von rund 14 Prozent - allerdings deutlich weniger, als die zuständige EU-Justizkommissaren Viviane Reding erwartet. Die EU-Kommission hatte die Unternehmen vor einem Jahr aufgefordert, den Frauenanteil in den Chefetagen durch freiwillige Schritte zu erhöhen - auf 30 Prozent bis 2015 und 40 Prozent bis 2020. "Frauen bedeuten keine Kosten für Unternehmen, Frauen bedeuten Vorteile, Frauen bedeuten Geschäfte", mahnte Reding.
Die schwarz-gelbe Bundesregierung ist über die Frauenquote zerstritten. Möglicherweise muss sie sich jedoch bald dem Druck aus Brüssel beugen. Reding erwägt, noch in diesem Sommer einen Gesetzesvorschlag für die Einführung der Quote zu machen.